Arbeiten oder Handeln
Anerkennungsprozesse in postmigrantischen Gesellschaften vor dem Hintergrund Arendts Grundtätigkeiten menschlichen Lebens
DOI:
https://doi.org/10.57773/hanet.v14i1.589Abstract
Arendt zeichnet in „Vita Activa“ die Tätigkeitsbeschreibungen des Arbeitens, Herstellens und Handelns nach und legt diesen Tätigkeitsformen – in Anlehnung an Aristoteles‘ Unterscheidung der poiesis und praxis – eine gewisse Hierarchie zu Grunde. Der Mensch erscheint arbeitend als homo laborans, welcher auf das Überleben durch Arbeit angewiesen ist. Herstellend tritt der Mensch als homo faber in Erscheinung, indem er bspw. Gegenstände herstellt, die seine eigenen Existenz überdauern. Das Handeln beschreibt Arendt hingegen als ein aktives in Erscheinung treten, vermittelt durch Sprache und basierend auf der Pluralität menschlichen Seins – so auch das politische Handeln. Aus soziologischer Perspektive lädt Arendt förmlich dazu ein, Gesellschaftsstrukturen vor dem Hintergrund der menschlichen Tätigkeiten zu beleuchten. Besonders in postmigrantischen Gesellschaften lohnt sich ein Blick darauf zu werfen, wer arbeitet und wer handelt / bzw. handeln darf in einer rechtlich gleichberechtigten und freien demokratischen Gesellschaft.
Der vorliegende Beitrag blickt daher kritisch auf die Struktur und Genese postmigrantischer Gesellschaften. Anhand der Strukturierung des Arbeitsmarkts wird verdeutlicht, dass viele Menschen mit Migrationsgeschichte in prekären Beschäftigungsverhältnissen und in bestimmten Branchen überrepräsentiert sind. Das Arbeiten, des Überlebens wegen, ist in prekären Verhältnissen besonders präsent. In Bezug auf das politische Handeln wird, der Parteiendemokratie Deutschland Rechnung tragend und damit von Arendt‘s Vorstellung basisdemokratisch organisierter Räte abweichend, die politische Partizipation und Repräsentanz von Menschen mit Migrationsgeschichte in Parteien und Parlamenten beleuchtet. Hieran wird deutlich, dass in postmigrantischen Gesellschaften auch heute noch um politische Beteiligung und gleichberechtigter Anerkennung von diversen Personen gerungen wird. Das politische Handeln von und Sprechen über Anliegen von Migrant:innen und anderen Minderheitengruppierungen in den Parlamenten – der Repräsentanzforschung folgend – kann somit ein Zuhören privilegierter Personen begünstigen, gesellschaftliche Machtverhältnisse verändern und der Basis politischen Handelns, der Pluralität der Gesellschaft, gerechter werden.
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