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Ausgabe 2, Band 13 – August 2024

Zwischen Vergangenheit und Zukunft/ Between Past and Future: HannahArendt.net zum 25. Jubiläum

Evelyn Höfer

Zum 25. Jubiläum des Journals kamen am 04. Mai 2024 Redaktionsmitglieder, Autor:innen, Rezensent:innen und Freund:innen von HannahArendt.net an der Freien Universität Berlin zusammen. Im Workshop

Zwischen Vergangenheit und Zukunft/Between Past and Future wurde der Geburtstag gemeinsam gefeiert. Der Workshop geht auf die Idee von Maria Robaszkiewicz und Wolfgang Heuer zurück. Mit den vielseitigen Sektionen Vergangenheit/Past, Gegenwart/Present und Zukunft/Future haben beide ein Programm zusammengestellt, das beim feierlichen Zusammenkommen zum Gespräch und zum Weiterdenken über Arendt anregt. Der Workshop fand in deutscher und englischer Sprache statt.

Zur Eröffnung der Workshops erzählte Wolfgang Heuer über die Anfänge von HannahArendt.net – damals noch als Hannah Arendt Newsletter. In den 25 Jahren seit der ersten Ausgabe im April 1999 sind 18 Ausgaben des Magazins erschienen und über HannahArendt.net konnte ein produktives Netzwerk von Forschenden geknüpft werden. In der ersten Sektion des Workshops Vergangenheit/Past moderiert von Wolfgang Heuer berichteten Marie Luise Knott und Waltraud Meints, wie sie zu Arendt kamen und Arendt zu ihnen. Knotts Weg führte sie als Lektorin des Rotbuch Verlags zu Arendt und insbesondere zu Arendts Essays, die Knott 1986 in selbigen Verlag herausgab. Meints berichtete von ihrem aktivistischen Zugang zu Arendt und der Perspektive, aus dem Handeln heraus zur Lektüre über das Handeln zu kommen. Im Abschnitt Vergangenheit/Past berichteten außerdem Jeremiah Day und Rafael Kasper von einer öffentlichen Lektüregruppe. Sie teilten ihre Erfahrungen eines public readings unter der Leitung von Fred Dewey mit den Teilnehmenden des Workshops. Ellen Spielmann gewährte einen Einblick in ihre Erforschung der Hannah Arendt Rezeption in Lateinamerika. Überraschend war besonders, dass Arendts Denken über die Präsidentschaftsberatung in den Aufbruch Brasiliens nach der Militärdiktatur Eingang fand, wie Spielmann aufzeigte.

Die zweite Sektion widmete sich der Gegenwart/Present bei Arendt. Frauke Kurbacher und Moritz Riemann moderierten vier Kurzvorträge, die die Einschätzungen der Redner:innen dazu darstellten, wie die Dinge mit Arendt heute liegen. Der erste Beitrag der Sektion stammte von Tobias Matzner, der aufzeigte, wie Arendt für ein Nachdenken über Datenschutz und eine Kultur der Digitalität fruchtbar gemacht werden kann. Matzner bezog sich dabei unter anderem auf ein relationales Denken nach Arendt und ihre Begriffe des Öffentlichen und Privaten. Marie Luise Knott unterstützte ihren Kurzvortrag mit einem Video der israelischen Künstlerin Yael Bartana. Im Workshop wurde so der Diskurs darüber geöffnet, wie mit Arendt über die gegenwärtige Situation in Israel nachgedacht werden kann. Thematisiert wurden dabei die Herausforderungen der Polyperspektivität sowie die Frage, ob der/die Andere tatsächlich gedacht werden kann. Im Anschluss sprach Marieke Borren über das Mitleid bei Arendt. Sie stellte damit eine Emotion in den Fokus, die sich in einer Unmittelbarkeit zeigt und sich auf nichts anderes, als das pure Menschsein bezieht. Borren sprach hier von einer Verantwortlichkeit für das Menschliche, die angesichts von Globalisierungsprozessen zunehmend von Bedeutung sei. Wout Cornelissen bot in seinem Kurzvortrag einen Einblick in die Arbeiten der kurz zuvor erschienen kritischen Ausgabe von The Life of the Mind. Die kritische Edition steht auf der Basis viellagiger, unfertiger Ausarbeitungen Arendts, wie Cornelissen berichtete. Besonders das Kapitel zum Willen habe die Editeur:innen vor Herausforderungen gestellt.

Zukunft/Future war der thematische Schwerpunkt der dritten Sektion, in der Maike Weißplug, Claudia Hilb, Roger Berkowitz, Helmut König und Evelyn Höfer eine hybride, bilinguale Podiumsdiskussion zum Thema „Ein Element der Kritik in jedem Experiment: Mit und gegen Arendt über die Zukunft denken“ führten. Die Diskussion wurde von Sven Thomas moderiert. Zentrale Frage der Diskussion war, welche Gedanken Arendts erhellend für die Zukunft wirken und inwiefern sie in gegenwärtige und zukünftige Krisen hilfreich eingebracht werden können. Zum Beispiel wurde hier Arendt Begriff der Erdgebundenheit im Kontext der ökologischen Krise angesprochen. Grundsätzlich stand zur Diskussion, wie Nachdenken über die Zukunft gemäß Arendt verstanden werden kann. Den Abschluss des Workshops bildeten One-Minutes-Statements zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit Arendt, die Maria Robaszkiewicz und Wolfgang Heuer von über dreißig Freund:innen des Magazins aus allen Weltteilen zusammengestellt haben.

Der Workshop war ein produktiver, kritischer Austausch in feierlicher und kollegialer Atmosphäre. Schon während des Workshops stand fest, dass dieser Austausch weiter intensiviert und wiederholt werden soll.