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Ausgabe 1, Band 11 – Dezember 2021

Umwelt als Material & Wildnis oder als zweite Natur?

Offene Grundsatzfragen des Umweltbezugs heutiger Gesellschaften und ein Neuansatz am Beispiel der Alpen

Werner Bätzing

1995-2014 Professor für Kulturgeographie an der Universität Erlangen-Nürnberg, seit 2014 Leiter des Archivs für integrative Alpenforschung. Themenschwerpunkte: Die Alpen (in internationaler und interdisziplinärer Perspektive), ländliche Räume (in Europa) und Mensch-Umwelt-Geschichte (lokale bis globale Perspektive)


1.      These

Auf die dramatisch zunehmenden Umweltprobleme des Planeten Erde – Verschmutzung von Boden-Wasser-Luft, Verlust der Artenvielfalt, kurzfristige Vernutzung aller natürlichen Ressourcen, Klimaerwärmung – gibt es heute eigentlich nur eine einzige vernünftige Antwort: Menschliches Wirtschaften und Handeln muss einerseits sehr viel effizienter werden, indem Rohstoffe besser genutzt, fossile durch regenerative Energien ersetzt und weniger Abfälle/Abgase in die Umwelt abgegeben werden, und andererseits muss der Mensch so viele Flächen wie möglich der Natur überlassen, damit sich die Natur wieder regenerieren kann. Beides passt zusammen, weil die ökologische Effizienzsteigerung, die mittels technischer Innovationen und Digitalisierung realisiert wird, zugleich auch eine ökonomische ist, so dass weniger Flächen als zuvor benötigt werden. Auf diese Weise kann sowohl ein Wirtschaftswachstum als auch gleichzeitig eine Umweltentlastung erreicht werden.

Die These dieses Beitrages ist es, dass dieses scheinbar vernünftige Konzept die aktuellen Umweltprobleme keineswegs löst, sondern sie nur noch weiter zuspitzt, weil die Ursachen der Umweltzerstörung beibehalten und nicht in Frage gestellt werden.

 

2.      Grundlage der Vernunft: Die Aufklärung

Die Vernunft, die sich in dieser Reaktion auf die Umweltprobleme zeigt, ist die Vernunft der Aufklärung, so wie sie exemplarisch von Immanuel Kant formuliert wurde: Die Welt wird unterteilt in das ‚Reich der Freiheit‘, den Bereich des Menschen, in dem er seine Handlungen an frei gewählten Zielen ausrichtet (‚Kritik der praktischen Vernunft‘), und in das ‚Reich der Notwendigkeit‘, den Bereich der Natur, in dem alle Prozesse nach naturwissenschaftlichen Gesetzen streng deterministisch ablaufen (‚Kritik der reinen Vernunft‘). Diese beiden Bereiche der Welt sind völlig unterschiedlich, ja gegensätzlich konzipiert, und Kant gelingt es auch nicht, in seiner ‚Kritik der Urteilskraft‘ beide Bereiche mittels Ästhetik und Teleologie miteinander zu verbinden, weil sich z. B. die Ästhetik als ‚interesseloses Wohlgefallen‘ nicht auf die Nutzung der Natur am Werktag, sondern nur auf ihre Bewunderung am Sonntag bezieht (Bätzing 2020, S. 114 ff.).

Damit präsentiert Kant die neue Weltsicht der Aufklärung, die auf einem neuen Verständnis des Menschen (keine Abhängigkeit von übergeordneten Instanzen mehr, sondern Autonomie der Selbst-Gesetzgebung aller Menschen) und auf einem neuen Verständnis der Natur (keine Göttlichkeit der Natur mehr, sondern reine Diesseitigkeit aller Naturprozesse, die von den Naturwissenschaften exakt berechnet werden können) beruht und die nicht zufälligerweise zeitgleich mit dem Beginn der Industriellen Revolution in England formuliert wird. Diese Sichtweise prägt unsere Welt bis heute und gilt seit langem als völlig selbstverständlich und ‚vernünftig‘.

Dagegen fragt der Philosoph Martin Heidegger: „Wie, wenn diese uns so natürlich anmutende Wesensbestimmung des Dinges keineswegs selbstverständlich, nicht ‚natürlich‘ wäre?“ (Heidegger 1962, S. 30). In seinem zweiten Kant-Buch arbeitet er die „Kennzeichnung der neuzeitlichen Naturwissenschaften gegenüber der antiken und mittelalterlichen“ heraus (ebd., S. 50-82) und kommt zum Ergebnis, dass „Natur nicht mehr das innere Prinzip [ist], aus dem die Bewegung der Körper folgt, sondern Natur ist [nur noch] die Weise der Mannigfaltigkeit der wechselnden Lagebeziehungen der Körper“ (ebd., S. 68). Anders ausgedrückt: Nachdem die modernen Naturwissenschaften alle Sinn- und Wertfragen aus der Natur entfernt haben, ist Natur nur noch „ein berechenbarer Kräftezusammenhang“ (Heidegger 1954, S. 21), in dessen Rahmen es völlig egal ist, an welcher Stelle sich ein Körper auf der Erde befindet, welchen Kräften er ausgesetzt ist und ob bzw. wie er vom Menschen verändert wird.

Mit diesem Verständnis von Natur legt Kant in der ‚Kritik der reinen Vernunft‘ die Grundlage für den instrumentellen Umgang des Menschen mit Natur: Die Natur dient dem Menschen jetzt als Mittel, um seine selbstgesetzten Ziele realisieren zu können; der Mensch wird dabei in seiner Freiheit durch keine göttlichen Eigenschaften oder Eigenwerte der Natur mehr eingeschränkt, und er muss auf Nichts anderes als nur noch auf die Naturgesetze Rücksicht nehmen – der Mensch kann die Natur als ‚Material‘ beliebig für seine Zwecke nutzen und vernutzen (Heidegger gebraucht den Begriff ‚Material‘ zwar nicht selbst, aber er findet sich früh bei seinen Schülern). In diesem Verständnis von Natur als Material liegt m. E. eine zentrale Ursache der heutigen Umweltprobleme.

 

3.      Gibt es vernünftige Alternativen?

Die kantische Position wird von vielen Philosophen – nicht nur von Martin Heidegger – kritisiert, weil sie zwei Bereiche der Welt auseinanderreißt, die eigentlich eng miteinander verflochten sind. Hannah Arendt formuliert dies folgendermaßen, und viele andere Philosophen könnten dem zustimmen: „Die Welt als ein Gebilde von Menschenhand ist, im Unterschied zur tierischen Umwelt, der Natur nicht absolut verpflichtet, aber das Leben als solches geht in diese künstliche Welt nie ganz und gar ein, wie es auch nie ganz und gar in ihr aufgehen kann; als ein lebendes Wesen bleibt der Mensch dem Reich des Lebendigen verhaftet, von dem er sich doch dauernd auf eine künstliche, von ihm selbst errichtete Welt hin entfernt“ (Arendt 1958, S. 14). Aber wie muss dann die Beziehung zwischen dem ‚Reich des Lebendigen‘ und der ‚künstlichen Welt‘ des Menschen aussehen, damit Natur nicht bloß Material für den Menschen darstellt und nicht beliebig vernutzt werden kann?

Darauf geben weder Martin Heidegger oder Hannah Arendt, noch die Philosophen des 19. und 20. Jahrhunderts eine überzeugende Antwort.1 Denn die große Schwierigkeit bei der Beantwortung dieser Frage liegt darin, dass es dabei nicht nur um die Natur, sondern zugleich auch immer um die Autonomie des Menschen geht: Wenn die Natur über dem Menschen steht und seinem Zugriff entzogen ist, dann ist der Mensch von ihr abhängig und besitzt keine Autonomie mehr; wenn er dagegen autonom ist, kann er die Natur nur nach seinen eigenen Zielsetzungen, also als Material behandeln – seit Kant besitzen solche absoluten Entgegensetzungen (entweder ich herrsche oder ich werde beherrscht, tertium non datur) eine sehr große Plausibilität.

Deshalb ist es kein Zufall, dass die schärfsten Kritiker eines rein instrumentellen Naturumgangs die Natur in den Mittelpunkt stellen und die Autonomie des Menschen der Natur unterordnen. Damit kehren sie de facto zu einer vor-aufklärerischen Position zurück und stehen politisch oft in der Nähe der ‚Konservativen Revolution‘ (Rückkehr zur Ständegesellschaft). In einer nach-aufklärerischen Zeit werden m. E. jedoch die (erneute) Unterordnung des Menschen unter eine göttliche Autorität und unter eine göttliche Natur selbstwidersprüchlich und bieten keine Alternative zur heutigen Umweltzerstörung.

Lange Zeit spielen solche Überlegungen im philosophischen und gesellschaftlichen Diskurs nur eine randliche Rolle. Erst mit der Entstehung der Umweltbewegung in den 1970er Jahren rückt diese Diskussion in den öffentlichen Fokus und erfährt eine erhebliche mediale Aufmerksamkeit, die vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung in jüngster Zeit noch einmal erheblich gesteigert wird. Dies führt dazu, dass sich ab jetzt neben Philosophen auch viele Akteure aus verschiedensten Bereichen und Wissenschaftsdisziplinen mit der Frage beschäftigen, wie ein anderer oder ‚alternativer‘ Naturbezug aussehen könnte, der Natur nicht als Material behandelt und sie nicht zerstört. Jetzt wird diese Frage auch häufig mit der Frage nach der Art und Weise des Wirtschaftens verbunden: Inwieweit beutet ein kapitalistisches Wirtschaften, das statt an der menschlichen Bedürfnisbefriedigung am Profit ausgerichtet ist, nicht nur den Menschen aus, sondern zerstört auch Natur und Umwelt? Und wie würde dann ein nicht-ausbeuterisches und nicht-zerstörerisches Wirtschaften konkret aussehen?

Lässt man an dieser Stelle die Antworten außer acht, die esoterische, mythische, mystische oder religiöse Positionen geben – solche Positionen verzeichnen in diesem Rahmen durchaus eine gewisse Faszination, weil sie als das „Andere der Vernunft“ (Formulierung in Anlehnung an Böhme/Böhme 1983) auf den ersten Blick echte Alternativen zu sein scheinen –, dann fallen diese Antworten letztlich unbefriedigend aus, weil sie sich nicht wirklich von den kantischen Prämissen lösen können.

Daraus erwachsen zahlreiche Aporien, die das Mensch-Umwelt-Verhältnis betreffen:

Wenn der Natur als Alternative zur Behandlung als Material ein Eigenwert zugestanden wird – kann man sie dann überhaupt noch nutzen?

Wenn man der Natur Eigenrechte zugesteht (d. h. wenn man sie im Sinne Kants als Person betrachtet) – wer legt dann diese Eigenrechte fest?

Wenn die Natur als Alternative zur kostenlosen Vernutzung einen Preis erhält – wird sie dann nicht nur als eine austauschbare Ware behandelt?

Wenn immer größere Flächen als Wildnisgebiete ausgewiesen werden und die Natur sich hier bedrohlich für den Menschen entwickelt – darf der Mensch dies verhindern?

Wenn sich die Natur autonom entwickeln soll, ohne dass der Mensch eingreift – gilt das dann auch für Pest-Bakterien und das Corona-Virus?

Zerstört der Mensch als ‚Irrläufer der Evolution‘ (Koestler 1978) nicht immer und überall Natur, so dass es eigentlich eines kollektiven Selbstmordes der Menschheit bedürfte, damit sich die Natur frei entfalten kann?

Ist nicht bereits das Ziel der Wirtschaft, aus Geld mehr Geld zu machen, umweltzerstörerisch, weil ein unendlicher Prozess auf einer endlichen Erde gar nicht möglich ist?

Beim Thema Umweltschutz zeigen sich diese Aporien oft besonders deutlich: Welche Natur soll eigentlich geschützt werden – offene Landschaften oder Waldlandschaften (vom Schutz profitieren jeweils unterschiedliche Pflanzen und Tiere), und wer trifft dann die Entscheidung darüber – etwa der Mensch? Und was bedeutet es für den Natur- und Umweltschutz, wenn die schützenswerte Natur gar keine ‚reine‘ Natur, sondern menschlich veränderte Natur ist? (siehe dazu Bätzing 1990).

Der Buchhändler und Publizist Jürgen Dahl hat die Aporien der Umweltthematik in den 1970er und 1980er Jahren in vielen Aufsätzen sehr konkret auf eine faszinierende Weise dargestellt, und sie sind heute noch so aktuell, dass sie kürzlich zu Recht erneut aufgelegt wurden (Dahl 2020a+b).

Ein zentrales Problem der aktuellen Umweltproblematik besteht darin, dass weder die langen Auseinandersetzungen um das Mensch-Natur-Verhältnis im Rahmen der Philosophie noch die 50 Jahre langen Diskussionen über die Umweltproblematik eine Antwort auf die Frage gefunden haben, wie der Mensch die Natur nutzen kann, ohne sie dabei gleichzeitig zu zerstören – diese unbefriedigende Situation erschwert alle Lösungsansätze.

 

4.      Neuansatz am Beispiel der Alpen

Wenn die bisherigen Ansätze zur Lösung der Umweltproblematik nicht überzeugend ausfallen, dann wird es erforderlich, ganz anders und neu anzusetzen. Einen solchen Neuansatz habe ich nach einem Theologie- und Philosophiestudium unternommen, indem ich das Beispiel des Alpenraumes wählte und hier sehr konkret fragte und untersuchte, wie der Mensch in einem so schwierigen Naturraum überhaupt leben kann und wie er dabei mit Natur umgeht. Ich begann mit diesen Forschungen im Jahr 1977, also zu einer Zeit, als überall in Europa die ländlichen Gesellschaften in den Peripherieräumen zwar bereits erheblich geschwächt waren, aber in der älteren Generation noch einigermaßen konsistent existierten. Auf diese Weise erlebte ich eine Welt, in der die Selbstverständlichkeiten des kantischen Denkens keinerlei Stellenwert besaßen – schließlich geht das Mittelalter in Europa auf dem Land erst mit der Aufhebung der Grundherrschaft im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu Ende (Bätzing 2020, S. 99 ff.) und vormoderne Lebens- und Wirtschaftsformen bleiben in großen Teilen Europas sogar oft noch bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg lebendig.

Meine Beschäftigung mit dem Mensch-Umwelt-Verhältnis im Alpenraum, die inzwischen mehr als vier Jahrzehnte andauert, hat in Bezug auf die Grundsatzfrage die folgenden Erkenntnisse und Einsichten gebracht (Details in Bätzing 2015).

Während Wildbeuter, also Jäger, Sammler, Fischer, von dem leben können, was die Natur der Alpen ihnen spontan anbietet, können Bauerngesellschaften die Alpen nicht mehr unmittelbar nutzen: Ihre Existenz beruht auf dem Anbau von Nutzpflanzen (menschlich veränderten Pflanzen) und auf der Haltung von Haustieren (menschlich veränderten Tieren), also auf der Nutzung einer menschlich veränderten Natur. Und auch die Voraussetzungen für den Anbau von Nutzpflanzen und die Haltung von Haustieren sind in den Alpen nicht von Natur aus vorhanden: Die Ackerflächen müssen im Talbereich erst mühsam durch Waldrodung geschaffen werden, und die Haustierhaltung kann zwar in der Anfangszeit im Sommer die natürlichen alpinen Rasen oberhalb der Waldgrenze spontan als Weidefläche (Almen) nutzen, aber nach einiger Zeit werden diese Flächen zu klein und müssen durch Waldrodung nach unten hin vergrößert werden. Damit bietet die Alpen den Bauerngesellschaften im Naturzustand keine Existenzmöglichkeit, sondern die Menschen müssen die Natur erst für ihre Zwecke verändern und aus Naturlandschaften Kulturlandschaften, also landwirtschaftlich nutzbare Landschaften machen, damit sie hier leben können.

Diese Naturveränderungen sind keineswegs nur von randlicher oder marginaler Art, sondern sie verändern im Laufe der Zeit den gesamten Charakter der Alpen: Aus einem stark bewaldeten Gebirge, also einer Landschaft, die im Naturzustand bis in Höhen von weit über 2000 m fast vollständig bewaldet ist, wird eine offene Landschaft mit einem kleinräumigen Mosaik unterschiedlichster Nutz- und Waldflächen.

Da die Alpen ein Hochgebirge sind, das bereits im Naturzustand durch eine ausgeprägte ‚sprunghafte‘ Naturdynamik – plötzliche Ereignisse mit hoher physikalischer Energie wie Lawinen, Felsstürze, Muren, Hochwasser – geprägt ist, erhöhen die menschlichen Veränderungen der Alpennatur und ganz besonders die Waldrodungen die sprunghafte Naturdynamik noch einmal erheblich. Dadurch werden Prozesse ausgelöst, die für den Menschen leicht existenzgefährdend werden können. Da die Bauerngesellschaften der Alpen diese Dynamiken kennen, sind ihre Natureingriffe grundsätzlich von großer Vorsicht und Zurückhaltung geprägt, indem alle Veränderungen erst einmal auf kleinen Flächen ausprobiert und erst nach positiven Erfahrungen allmählich und vorsichtig auf weitere Flächen ausgeweitet werden. Und eine gute Kenntnis der alpinen Natur und ein genaues Wissen darum, welche Baum- und Pflanzenarten jeweils welche Bodenqualität anzeigen, ist die Vorbedingung dafür, dass die Umwandlung der Natur- in eine Kulturlandschaft nicht einfach ‚blind‘, sondern sehr bewusst erfolgt.

Im Laufe der Zeit entsteht ein großes bäuerliches Erfahrungswissen, wie die Alpen trotz ihrer sprunghaften Naturdynamik verändert werden können, ohne dabei unkontrollierbare Prozesse auszulösen, die die Menschen gefährden würden. Dieses Erfahrungswissen lässt sich in fünf Punkten zusammenfassen:

Erstens darf der Wald nicht überall gerodet werden, sondern er muss auf allen steileren Hängen als Lawinen- und Erosionsschutz, also als ‚Bannwald‘, stehenbleiben. Die Naturlandschaft kann nie vollständig in Kulturlandschaft umgewandelt werden, sondern es müssen dabei zahlreiche, jeweils unterschiedliche Grenzen berücksichtigt werden, um keine für den Menschen zerstörerische Prozesse auszulösen.

Zweitens muss der Mensch bei der Anlage seiner Siedlungen und Nutzflächen denjenigen Naturprozessen großflächig ausweichen, die von ihm nur schwer zu kontrollieren sind. Dies führt zu Siedlungsplätzen und zur Lage von Nutzflächen, die mit zusätzlicher Arbeit verbunden sind und die aus heutiger Sicht als unbequem oder ‚unlogisch‘ erscheinen.

Drittens ist es wichtig, die Nutzflächen eng an den vorgefundenen Naturstrukturen auszurichten, sie also nicht großflächig anzulegen und den Naturraum nicht zu homogenisieren. Dies führt zu kleinräumigen, mosaikförmigen Kulturlandschaften mit einer großen ökologischen Stabilität und Diversität.

Viertens ist das richtige Maß der Nutzung sehr entscheidend: Wenn Äcker, Wiesen und Weiden weder zu intensiv noch zu extensiv genutzt werden, dann können sich die Böden und die Vegetationsgesellschaften der Kulturlandschaft im Rahmen der Nutzung gut regenerieren, bleiben ertragreich und sind relativ gut vor Bodenabtrag geschützt.

Fünftens benötigen alle Kulturlandschaftsflächen permanent ein großes Maß an regelmäßigen Pflegearbeiten (‚räumen‘ aller Nutzflächen von Steinen, ‚schwenden‘ der aufkommenden Sträucher und Bäume, Beseitigung der winterlichen Lawinenschäden, Säuberung der Bachbetten usw.) und an periodischen Reparaturarbeiten (Ausbesserung von Schäden nach Unwettern), um die Kulturlandschaften gezielt zusätzlich zu stabilisieren.

Wenn dieses Erfahrungswissen langfristig beachtet wird, dann sind die bäuerlichen Kulturlandschaften ökologisch ähnlich stabil wie die Waldgesellschaften, die zuvor auf diesen Flächen standen. Dies kann man im Alpenraum sehr konkret an vielen Kulturlandschaften sehen, die nachweislich seit vielen Jahrhunderten, manchmal sogar seit Jahrtausenden durchgehend genutzt werden, und die heute immer noch ertragreiche Nutzflächen darstellen. Weiterhin kann man feststellen, dass durch diese Form der Nutzung und durch den Mosaikcharakter der Landschaft keine Pflanzen- und Tierarten aus den Alpen verschwinden: Während der Wald in den Alpen auf Grund seiner kurzen Wachstumszeit – er kommt ja erst seit dem Ende der letzten Eiszeit wieder in die Alpen hinein – noch relativ artenarm ist, sind die kleinen alpinen Rasen oberhalb der Waldgrenze, die die Eiszeiten überdauert haben, besonders artenreich. Daher fördern die mosaikförmigen Waldrodungen die Ausbreitung dieser (seltenen und heute oft geschützten) Pflanzen sehr stark, die zahllosen Grenzsäume in der Kulturlandschaft wirken sich auf die Artenvielfalt ebenfalls positiv aus, und darüber hinaus führt der Mensch mit der Acker- und Ackerbegleitflora und mit verwildernden Gartenpflanzen zusätzliche Pflanzen in die Alpen ein. Aus diesen Gründen sind die traditionellen Kulturlandschaften häufig artenreicher als die Naturlandschaften der Alpen.

Die Kulturlandschaften sind allerdings nur solange landwirtschaftlich ertragreich, ökologisch stabil und artenvielfältig, wie sie genutzt und gepflegt werden. Ohne regelmäßige Nutzung und Pflege verändern sie sich schnell wieder hin zu den standortgemäßen Naturlandschaften, indem Äcker, Wiesen und Weiden im Verlauf weniger Jahre zuerst verbuschen und nach vielen Jahrzehnten dann langsam verwalden, wobei in einer langen Übergangszeit sprunghafte Naturprozesse stark zunehmen.

Die Ursache dafür liegt darin, dass Kulturlandschaften aus sich heraus keine ökologisch stabilen Ökosysteme sind, weil sie vom Menschen in einen nicht-natürlichen Zustand versetzt wurden, um sie zur Lebensmittelproduktion nutzen zu können. Dieser nicht-natürliche Zustand muss mittels einer angepassten Nutzung und vielen zusätzlichen Pflegearbeiten permanent aufrechterhalten werden – die fehlende natürliche Stabilität der Kulturlandschaft muss also mittels Arbeit permanent ausgeglichen werden, damit der Mensch von der Landwirtschaft leben kann.

Damit ist die Existenzgrundlage der Bauerngesellschaften in den Alpen nicht von Natur aus einfach da, sondern muss zuerst hergestellt und dann permanent aktiv erhalten werden. Die Sorge um den Erhalt der Kulturlandschaft, also der eigenen Lebensgrundlage, steht deshalb im Zentrum dieser Gesellschaften und prägt sie auf dreifache Weise.

Erstens denken und handeln Bauerngesellschaften in einer generationenübergreifenden Perspektive – sie wissen, dass sich ihre aktuelle Situation der Arbeit vergangener Generationen verdankt, die aus der Natur- eine Kulturlandschaft gemacht haben, sie wissen, wie schnell diese Lebensgrundlage durch kurzfristiges Handeln zerstört werden kann, und sie fühlen sich den künftigen Generationen gegenüber verpflichtet, diese Lebensgrundlage zu erhalten: Der einzelne Mensch sieht sich als ein kleines Glied in einer langen Kette bäuerlicher Existenzen, das nicht die Möglichkeit und auch nicht das Recht hat, aus dieser Kette herauszutreten – die Tradition ist gleichzeitig Existenzgrundlage und Verpflichtung, diese Grundlage zu erhalten.

Zweitens stehen die gemeinsamen Strukturen von Dorf, Hof oder Familie im Konfliktfall über einer Person, weil ein einzelner Mensch allein nicht überleben kann, sondern die Unterstützung des Dorfes, des Hofes oder der Familie bedarf. Dadurch ist der einzelne Mensch von vornherein in übergeordnete, langfristig ausgerichtete Strukturen eingebunden, deren Erhalt über kurzfristigen individuellen Interessen steht.

Drittens gibt es zahllose konkrete Nutzungsordnungen und Nutzungsvorschriften für die Kulturlandschaft, die von Generation zu Generation teils mündlich, teils schriftlich weitergegeben werden, mit denen verhindert wird, dass sich Einzelne durch kurzfristige Übernutzung einen Vorteil zu Lasten der Gemeinschaft verschaffen oder dass die Kulturlandschaft insgesamt übernutzt oder kurzfristig ausgebeutet wird.

Diese Interpretation ist deshalb zu betonen, weil sie heute auf völliges Unverständnis trifft und weil oft angenommen wird, dass Bauerngesellschaften ihre Umwelt immer schon übernutzt und zerstört hätten. Exemplarisches Beispiel dafür ist Garret Hardin mit seiner oft zitierten These der ‚Tragedy of the Commons‘ (Hardin 1968), die lediglich abstrakte (neo)liberale Gedanken reformuliert und die empirisch völlig aus der Luft gegriffen ist. Wenn Bauerngesellschaften ihr Wirtschaften relativ autonom gestalten können – was in vielen Alpentälern über Jahrhunderte hinweg der Fall war –, dann gelingt es ihnen sehr häufig (jedoch keineswegs immer), die Kulturlandschaft, also ihre Lebensgrundlage dauerhaft produktiv und stabil zu halten.

Reflektiert man dieses Erfahrungswissen, dann kann man feststellen, dass sich das bäuerliche Wirtschaften in den Alpen nicht allein auf die produktiven Tätigkeiten, also auf die Produktion von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen konzentrieren kann, sondern dass es sich gleichermaßen dafür engagieren muss, die Voraussetzungen dieses Wirtschaftens zu erhalten. Diesen Erhalt der von Natur aus instabilen Kulturlandschaft mittels Arbeit – sie ist ja als menschlich veränderte Natur aus sich heraus nicht stabil – nenne ich ‚Reproduktion der Kulturlandschaft‘ (Bätzing 2015, S. 110). Deshalb bedeutet ein solches Wirtschaften, die Produktion so zu gestalten, dass zugleich die Reproduktion gesichert ist. Ein Absolutsetzen der Produktion unter Ausschluss der Reproduktion wäre Raubbau und würde in kurzer Zeit die Voraussetzungen seines Wirtschaftens zerstören.

Dieses Beispiel bäuerlichen Wirtschaftens im Alpenraum, also in einem Naturraum, der die Menschen vor größere Herausforderungen als viele andere Räume stellt, macht deutlich, dass es möglich ist, dass der Mensch die Natur für seine Zwecke verändert, ohne sie dabei zu zerstören. Das, was sich in den Alpen besonders deutlich und anschaulich zeigt, gilt jedoch nicht nur für die Alpen, sondern für alle vormodernen Bauerngesellschaften der Welt (Bätzing 2020, S. 35 ff.). Der Unterschied liegt vor allem darin, dass die sprunghaften Naturprozesse in anderen Naturräumen häufig geringer ausgeprägt sind, aber die Notwendigkeit der Reproduktion der Kulturlandschaft mittels Arbeit und die Gefahr des Verlustes der Existenzgrundlage bei Missachtung der Reproduktion gilt gleichermaßen.

Damit zeigt sich in den vormodernen Bauerngesellschaften ein völlig anderer Naturumgang, als er im Kontext des kantischen Denkens gedacht werden kann: Die Veränderung der Natur durch den Menschen und seine spezifischen Ziele führt nicht automatisch zur Naturzerstörung, sondern kann zu einer neuen Stabilität der menschlichen veränderten Natur führen, die über viele Jahrhunderte hinweg Bestand hat.

Das, was in den empirischen Wissenschaften der Biologie, Geographie und Raum- bzw. Landschaftsplanung als Kulturlandschaft bezeichnet wird, wird im Rahmen der Philosophie die ‚zweite Natur‘ des Menschen genannt. Der Mensch schafft sich diese zweite Natur, um besser auf der Erde leben zu können, sie bleibt jedoch stets mit der ‚ersten Natur‘ – also mit der natürlichen Umwelt des Menschen und mit der Natur des Menschen selbst – verbunden. Damit stellt sich die Grundsatzfrage, ob ein Rückgriff auf die vormodernen bäuerlichen Naturerfahrungen eine Möglichkeit eröffnet, das Mensch-Natur-Verhältnis jenseits des kantischen Dualismus neu zu denken und das Verhältnis zwischen der ersten und zweiten Natur des Menschen so zu bestimmen, dass dabei zwischen „Naturbearbeitung und Umweltzerstörung“ (Bätzing 1984) unterschieden werden kann?

 

5.      Kulturlandschaft als zweite Natur

Das traditionelle bäuerliche Erfahrungswissen wird seit der Aufklärung als überholt angesehen und durch neue, naturwissenschaftlich basierte Bewirtschaftungsformen zu ersetzen versucht. Es gibt jedoch einige wenige, am Rande der gesellschaftlich anerkannten Wissenschaften stehende Fächer, die sich mit diesem Erfahrungswissen beschäftigen, und zu diesen gehört das Fach Geographie. Normative Grundlage dieses Faches sind breit angelegte ganzheitliche Konzepte (Alexander von Humboldt, Carl Ritter), und das Ziel dieses Faches, das aus einem naturwissenschaftlichen Teil (Physische Geographie) und einem humanwissenschaftlichen Teil (Human- oder Anthropogeographie) besteht, ist es, das Zusammenwirken von Natur und Mensch auf der Erde zu verstehen (Paffen 1973).  Dies war der Grund, weshalb ich dieses Fach als wissenschaftlichen Rahmen für meine Alpenforschungen gewählt hatte.

Mit der ‚Geographie der Länderkunde‘ entsteht in den 1920er Jahren ein geographischer Ansatz, der das Zusammenwirken von Natur und Mensch in Form der ‚Landschaft‘ auf eine spezifische Weise untersucht und der viele Jahrzehnte lang das Fach Geographie prägt (Stewig 1979, Grimm/Wardenga 2001). Erst in den 1970er Jahren wird diese Konzeption langsam ‚altmodisch‘ und wird durch ‚moderne‘ Wissenschaftskonzeptionen verdrängt. Dabei besteht jedoch das zentrale Problem des Faches Geographie darin, dass die aktuellen Wissenschaftskonzeptionen als hochspezialisierte Ansätze die ‚Einheit der Geographie‘, also die Verbindung von Physischer und Humangeographie nicht mehr begründen können, so dass die Gefahr besteht, dass dieses Fach auseinanderbricht und aus den Universitäten verschwindet (Weichhart 2005).

Das Verständnis der Kulturlandschaft steht im Zentrum der traditionellen Geographie der Länderkunde, und die Frage nach dem darin enthaltenen Mensch-Natur-Verhältnis wird von ihr eindeutig beantwortet: „Die Kulturlandschaft ist Werk des Menschen im Rahmen dessen, was die Natur erlaubt“ (Schwind 1951, S. 21). Oder anders ausgedrückt: „… so vollzieht sich doch alle Entwicklung zur Kulturlandschaft auf dem Boden der physischgeographischen Grundlagen, die in ihrer letzten Wesenheit nicht verändert werden können“ (Maull 1932, S. 11). Otto Maull konkretisiert dies am Beispiel der Umwandlung von Wäldern in Kulturlandschaften: „Die Menschheit ringt mit seiner [des Waldes] vegetativen Überfülle um Lebensraum; und in diesem Kampf mit dem Walde … passt sie sich den Wirkungen der Formation und des Waldklimas an und nimmt Waldvolkcharakter an“ (Maull 1925 in Paffen 1973, S. 294).

Damit interpretiert die traditionelle Geographie die Mensch-Natur-Beziehung, die in der Kulturlandschaft sichtbar wird, als Unterordnung unter Natur, als ‚Anpassung‘ des Menschen an die Naturbedingungen, wobei am Beginn des Faches Geographie ein strikter Naturdeterminismus steht, der später zwar etwas relativiert, aber doch grundsätzlich beibehalten wird (Schöller 1977). Und als Ausdruck einer gelungenen Anpassung des Menschen an die Natur gilt die ‚Harmonie‘ der Landschaft, in der sich die Harmonie des Verhältnisses von Mensch und Natur ausdrückt und die in der Geographie eine große Rolle spielt (Bartels 1969).

Betrachtet man diejenigen Kulturlandschaften, die von der traditionellen Geographie ab den 1920er Jahren besonders häufig untersucht werden und in denen diese Harmonie besonders gut zum Ausdruck kommt, dann handelt es sich immer um traditionelle ländliche Kulturlandschaften in peripherer Lage, die von den Auswirkungen der Industriellen Revolution oder der Modernisierung noch nicht betroffen sind. Das ist deswegen erstaunlich, weil in dieser Zeit die Industriegesellschaft deutschland- und weltweit dominiert, und die Geographen diese Realität kaum oder gar nicht untersuchen. Dort, wo die Auswirkungen der Modernisierung die traditionellen Kulturlandschaften zu verändern beginnen, sprechen die Geographen von ‚Beeinträchtigung‘ oder ‚Störung‘ der landschaftlichen Harmonie, und dort, wo die Landschaft von Industriestrukturen dominiert wird, heißt es: „Dass von solcher Harmonie dort nicht die Rede sein kann, wo die Kultur die Natur landschaftlich völlig überwältigt, bedarf keiner besonderen Darlegung. Das Ruhrgebiet, das ‚Black Country‘ oder die Stadtlandschaft New Yorks sind Beispiele dafür“ (Schwind 1951, S. 24). Das bedeutet, dass Industrielandschaften als ‚disharmonisch‘ oder gar als ‚krank‘ bewertet werden (Pfeiffer 1942) und dass nur vormoderne Landschaften harmonische Landschaften sind.

In Verbindung mit Aussagen der traditionellen Geographie zur ‚Bodenverbundenheit‘ der Landbevölkerung und zur ‚entwurzelten‘ Arbeiterschaft (Schwind 1950, S. 56 und 64) wird schnell deutlich, dass die Interpretation der traditionellen Kulturlandschaften als ‚Anpassung‘ des Menschen an Natur im Kontext des Gedankengutes der ‚konservativen Revolution‘ steht: Die traditionellen Geographen sehen die industrielle Entwicklung nicht nur ökologisch als Störung der landschaftlichen Harmonie, sondern sie bewerten diese Entwicklung auch als Entwurzelung des Menschen, also als Verlust seiner sozialen, kulturellen und politischen Harmonie. Es ist daher kein Zufall, dass die traditionelle Geographie eine große Nähe zum nationalsozialistischen Denken besitzt und dass diese problematische Nähe auch nach 1945 nicht aufgearbeitet wird (Schultz 1989).

Wenn es darum geht, das in der Kulturlandschaft enthaltene Erfahrungswissen zum Mensch-Natur-Verhältnis zu reflektieren, dann bieten zwar die jahrzehntelangen empirischen Forschungen der traditionellen Geographie ein sehr reiches und vielfältiges Anschauungsmaterial, aber die normative Ausrichtung dieses Faches verhindert es, dass die traditionelle Geographie die Ergebnisse dieser Empirie auch selbst angemessen interpretieren kann. Deshalb braucht es dafür einen Interpretationsrahmen, bei dem weder die Natur total dominiert, noch rein instrumentell behandelt wird. Dafür sind m. E. fünf Punkte von zentraler Bedeutung:

Erstens – keine vollständige Verstehbarkeit der Natur: Da die Natur über dem Menschen steht und der Mensch nur einen kleinen Teil der Natur ausmacht, ist es unmöglich, dass der Mensch die Natur jemals vollständig verstehen und erst recht nicht alle Naturprozesse berechnen kann. Seine Naturerfahrungen beruhen auf kleinen Naturausschnitten, die sich zwar im Laufe der Zeit vergrößern, aber sie bleiben stets limitierte Erfahrungen. Der Gesamtzusammenhang der Natur entzieht sich grundsätzlich jeder menschlichen Erfahrung und Erkenntnis, weil dazu ein Standpunkt jenseits des Sonnensystems – philosophisch ausgedrückt: die Position Gottes – erforderlich wäre. Alle konkreten Erfahrungen mit Naturnutzungen und Naturveränderungen im Rahmen der Kulturlandschaft spielen sich stets vor diesem Hintergrund ab, sind also davon geprägt, dass der Mensch weiß, dass er Natur nie vollständig versteht.

Zweitens – kein Naturdeterminismus: Es gibt nicht ‚die‘ naturgemäße Nutzung, also die (einzige) Nutzung, die den naturräumlichen Gegebenheiten entspräche und die daher die ‚richtige‘ Nutzung wäre, sondern der Mensch hat immer die Freiheit, ein Stück Natur auf unterschiedliche Weise für seine Zwecke zu nutzen. Zwar gibt es Nutzungsformen, die ein relativ großes Maß an reproduktiver Arbeit erfordern wie z. B. die Anlage von Terrassen, um einen steilen Hang als Acker oder Weinberg nutzen zu können, während bei einer Nutzung des gleichen Hanges als Wiese, Weide oder Wirtschaftswald die reproduktiven Arbeiten sehr viel geringer sind. Aber solange der Mensch die Reproduktion angemessen berücksichtigt, zwingt ihn die Natur keineswegs zu einer ganz bestimmten Form der Nutzung. Dies zeigt sich in den Alpen sehr anschaulich an einigen Alpentälern, in denen der gleiche Naturraum auf unterschiedliche Weise genutzt wird (Bätzing 2015, S. 112 f.).

Drittens – Instabilität der Kulturlandschaft: Gegen alle ‚Harmonie‘ der Kulturlandschaft und gegen alle ‚Anpassung‘ des Menschen an Natur muss betont werden, dass Kulturlandschaften menschlich veränderte Natur sind, die sich signifikant von natürlicher Natur (vom Menschen unbeeinflusste Naturlandschaften) unterscheiden und die als vom Menschen geschaffene Ökosysteme aus sich heraus ökologisch instabil sind. Dies erfordert eine dauerhafte Bewirtschaftung und eine permanente arbeitsintensive Pflege, und das hohe Maß der menschlichen Arbeit macht die grundsätzliche Differenz sichtbar, die zwischen Natur und Kulturlandschaft besteht.

Viertens – keine räumliche Abschottung: Während für konservative Positionen die Abgrenzung und Abschottung eines bestimmten Raumes gegenüber den von außen einwirkenden (negativen) Kräften die Voraussetzung für ein eigenständiges und ‚naturgemäßes‘ Leben und Wirtschaften ist, zeigen die Alpen sehr anschaulich, dass sie trotz ihres schwierigen Reliefs und ihrer erschwerten Erreichbarkeit nie ein nach außen abgeschotteter Raum waren. Seit prähistorischen Zeiten sind die Alpen durch Transitverkehr, Bergbau und den Austausch land- und forstwirtschaftlicher Produkte eng mit Europa verflochten; lokales Wirtschaften und überregionaler Handel gehören von Anfang an zusammen und bereichern das Leben in den Alpen nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in kultureller Beziehung. Beide Formen des Wirtschaftens orientieren sich dabei an der Reproduktion der Kulturlandschaft, die die gemeinsame Existenzgrundlage darstellt. Dies habe ich als ‚ausgewogene Doppelnutzung‘ (Ausgewogenheit zwischen endogenen und exogenen Wirtschaftsaktivitäten, die beide der Reproduktion verpflichtet sind) bezeichnet (Bätzing 2015, S. 386 ff.).

Fünftens – Eigenständigkeit und Gleichheit: Für Bauern, die von der Bewirtschaftung ihrer Kulturlandschaft leben, ist es selbstverständlich, dass sie mit der Nutzung zugleich auch die Reproduktion ihrer Kulturlandschaft übernehmen – beides gehört für sie untrennbar zusammen. Dieses setzt jedoch voraus, dass die Nutzer auch die Eigenständigkeit und Freiheit besitzen, die Art und Weise der Nutzung selbst bestimmen zu können. Weiterhin ist dabei wichtig, dass alle Menschen, die die Kulturlandschaft bearbeiten, auch selbst anteilig über den Ertrag verfügen können, dass es also eine gewisse soziale Gleichheit der Nutzer gibt. Nur unter diesen Voraussetzungen erwächst die Verantwortung für die Kulturlandschaft unmittelbar aus ihrer Nutzung heraus und ist nicht etwas Aufgesetztes oder – wie bei Kant – eine moralische Pflicht oder ein ‚allgemeines Gesetz‘.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die so verstandene Kulturlandschaft einerseits nicht naturalistisch verstanden werden darf, weil sie keine Unterordnung unter Natur darstellt, sondern Natur nach menschlichen Interessen verändert; andererseits darf sie aber auch nicht instrumentell verstanden werden, weil der Mensch für die von ihm veränderte Natur Verantwortung übernimmt. Diese Kulturlandschaft ist keine geschlossene, sondern eine in Raum und Zeit offene Struktur, die zugleich bestimmte kulturelle, soziale und politische Rahmenbedingungen benötigt, um dauerhaft existieren zu können.

Damit stellt die so verstandene Kulturlandschaft ein anschauliches Beispiel für die zweite Natur des Menschen dar, die jenseits der kantischen Dichotomien anschaulich deutlich macht, wie ein Mensch-Natur-Verhältnis aussehen kann, bei dem der Mensch Natur für seine Zwecke verändert, ohne sie gleichzeitig zu zerstören.

Auch wenn wir heute natürlich nicht mehr zu diesem vormodernen Naturverhältnis zurückkehren können, so stellt sich doch die Frage, ob dieses Beispiel nicht für das Verständnis der aktuellen Umweltsituation hilfreich sein könnte: Wenn man die heutige, menschlich so stark veränderte Umwelt als zweite Natur versteht (der Begriff Kulturlandschaft ist jetzt nicht mehr angemessen, weil auch die Weltmeere und die Lufthülle der Erde verändert werden), dann liegt das zentrale Problem darin, dass der Mensch Natur als Material behandelt und keine Verantwortung mehr für die Reproduktion der zweiten Natur besitzt. Allerdings kann man auf diese Weise die heutige Umweltsituation noch nicht angemessen verstehen, sondern dazu müssen noch drei neue Entwicklungen angesprochen werden (an dieser Stelle nur als Andeutung), die nach der Aufklärung einsetzen und die alle drei zusätzlich stark zur heutigen Umweltzerstörung beitragen.

Erstens: Das neue oder kapitalistische Wirtschaften orientiert sich ab dem 19. Jahrhundert nicht mehr an konkreten Zielen (Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, jedoch auch Reichtum und Macht), sondern an einem abstrakten Ziel (aus Geld mehr Geld zu machen) und wird so zum reinen Selbstzweck, und der instrumentelle Umgang mit Natur als Material wird aus dem Bereich der Naturwissenschaften auf das gesamte Wirtschaften unter Einbezug des Menschen übertragen (Hanzig-Bätzing/Bätzing 2005, S. 38 ff.).

Zweitens: Ab den 1970er Jahren werden zusätzlich die persönlichen Verhaltensweisen immer stärker durch den Kauf von Waren und Dienstleistungen geprägt, wodurch die gesamte Welt zur Ware bzw. zum Ding wird, also instrumentell behandelt wird (Hanzig-Bätzing/Bätzing 2005, S. 72 ff.).

Drittens: Die moderne Gesellschaft differenziert sich seit der Aufklärung in verschiedene Teilsysteme aus, die sich jeweils auf bestimmte Teilbereiche der Welt spezialisieren und dabei eine immer größere Eigenständigkeit und Eigendynamik ausbilden, was als Fortschritt verstanden wird (Hanzig-Bätzing/Bätzing 2005, S. 86 ff.). Damit entstehen zahlreiche Interessenkonflikte zwischen diesen Teilsystemen, die sich kontraproduktiv auf das Funktionieren des Gesamtsystems auswirken, und die es zugleich extrem schwer machen, dass moderne Gesellschaften eine gemeinsame Umweltverantwortung ausbilden können.

Diese drei neuen Entwicklungen sind jedoch nichts vollständig Neues, sondern sie radikalisieren zentrale Denkfiguren der Aufklärung. Sie führen dazu, dass es heute in allen Bereichen völlig selbstverständlich geworden ist, Natur, Mensch und Welt als Material zu behandeln, weshalb es jetzt als einzig vernünftige Alternative erscheint, Natur gar nicht mehr zu nutzen, also Natur als Wildnis zu behandeln.

In dem Buch „Entgrenzte Welten. Die Verdrängung des Menschen durch Globalisierung von Fortschritt und Freiheit“ (Hanzig-Bätzing/Bätzing 2005) vertreten wir die These, dass der Rückgriff auf die Grundlagen der Aufklärung nicht ausreicht, um die heutige Situation der Welt angemessen verstehen und kritisieren zu können, und dieser Aufsatz unterstreicht am Beispiel der Umweltproblematik, dass ein Rückgriff auf die Vormoderne hilfreich ist, um in der aktuellen Situation neue Perspektiven jenseits der kantischen Dichotomien entwickeln zu können. Daraus erwachsen aber keine neuen Patentrezepte zur Lösung der Umweltkrise, sondern man muss sich – wenn man dieser Perspektive folgt – sehr genau und detailliert auf die Realität mitsamt ihrer (über)komplexen Vielfalt einlassen und aus dieser Analyse heraus dann Alternativen entwickeln. Wie dies konkret aussehen könnte, habe ich am Beispiel der Alpen (Bätzing 2015) und am Beispiel des Landlebens (Bätzing 2020) gezeigt.

 

6.      Neue Perspektiven auf bekannte Umweltprobleme

Mit diesem Neuansatz des Mensch-Natur-Verhältnisses ergeben sich neue Perspektiven auf bekannte Umweltprobleme. Dazu sollen zum Schluss nur einige Schlaglichter präsentiert werden.

Ökologisierung des Wirtschaftens: So wichtig technische Innovationen zur Reduzierung ökologischer Belastungen auch sind – solange Natur, Ressourcen, Menschen und Erde als Material behandelt werden, ändert sich nichts wirklich: Die ökologischen Effizienzgewinne bei der Produktion einer einzelnen Ware werden durch das allgemeine Wirtschaftswachstum mehr als kompensiert.

Energiewende:  Der bloße Ersatz fossiler durch regenerative Energien bringt kaum eine Umweltentlastung: Seit dem 19. Jahrhundert werden die großen fossilen Energieressourcen der Erde in kürzester Zeit vernutzt, ohne an nachfolgende Generationen zu denken, und die Existenz extrem billiger Energie in größten Mengen ist völlig selbstverständlich geworden. Dieser Energieverbrauch kann aber auf einer begrenzten Erde nicht dauerhaft aufrechterhalten werden.

Neue Techniken: Es gibt immer wieder Erwartungen, man könne mittels neuer Techniken die Natur so umbauen, dass sie endlich problemlos vom Menschen zu nutzen wäre (derzeit mittels Gentechnik). Die negativen Erfahrungen mit neuer Technik (z. B. mit Atomkraft) werden dabei unterschlagen, und man hat stets aufs Neue die Hoffnung, jetzt endlich den richtigen Ansatzpunkt gefunden zu haben, weshalb die neue Technik – auch aus Umwelt- und Klimaschutzgründen! – möglichst schnell und umfassend eingesetzt werden müsse. Zukünftige Umweltkatastrophen sind damit vorprogrammiert.

Digitalisierung: Die Digitalisierung ist ein wichtiges Hilfsmittel, mit komplexen Situationen und Prozessen effizient umzugehen, solange sie auf die analoge Welt bezogen bleibt. Koppelt sie sich jedoch davon ab und entfaltet ein Eigenleben, dann erscheint die digitale Welt schnell als eine Welt, in der Alles unmittelbar – nur mittels eines Kopfdrucks oder besser: eines Clicks – zur Verfügung steht und in der sich die Widerständigkeiten der materiellen Welt aufzulösen scheinen. Damit fördert die Digitalisierung die Illusion, dass sich die zweite Natur des Menschen von der ersten Natur abkoppeln könnte.

Mobilität: Für unsere heutige Welt ist eine ausgeprägte Mobilität von der lokalen bis zur globalen Ebene sowohl für die Wirtschaft als auch für die Gesellschaft und für den einzelnen Menschen völlig selbstverständlich, und sie ist zugleich Ausdruck und Garant von Effizienz und Freiheit. Diese hohe Mobilität ist ein relevanter Faktor für viele Umweltprobleme. Mindestens genauso wichtig ist es, dass durch die schnelle und billige Erreichbarkeit ferner Orte die räumliche Nähe entwertet wird: Das moderne Leben stellt ein weitverzweigtes Netzwerk von Einzelpunkten dar, an denen ich mich jeweils nur zur Erledigung einer einzigen Funktion aufhalte, um dann zum nächsten Ort zu wechseln (Bätzing 2020, S. 194 ff.). Diese Wirtschafts- und Lebensform, bei der die Einzelpunkte sehr viel enger mit weit entfernten Punkten als mit ihrer direkten Umgebung verbunden sind, führt dazu, dass die Beziehungen zur direkten Nachbarschaft und zur Umwelt abreißen und dass Wirtschaftsbetriebe und Menschen kaum noch eine dezentrale Umwelt- und Lebensraumverantwortung aufbauen können.

Persönliche Verhaltensweisen: Das gesamte Verhalten der Menschen ist heute dadurch geprägt, dass alles möglichst schnell, einfach und bequem gehen muss und dass die reale Welt den menschlichen Interessen im Alltag keinerlei Widerstand bieten darf. Dies hat u. a. zum Aufstieg und zur universalen Verwendung des Plastiks geführt (Dahl 2020a, S. 73 ff.). Der Anspruch, dass dem Einzelnen die gesamte Welt in Form einer Ware oder als Ding unmittelbar zur Verfügung stehen müsse, ist die Ursache für viele Umweltbelastungen. Sie führt darüber hinaus dazu, dass der Mensch im Laufe der Zeit auch zu sich selbst ein instrumentelles Verhältnis entwickelt, indem er sich selbst optimiert und perfektioniert, sich also selbst als Ding behandelt (Hanzig-Bätzing/Bätzing 2005, S. 72 ff. und 239 ff.).

Umweltschutz: Heute wird häufig die Position vertreten, dass in den wirtschaftlich intensiv genutzten Regionen die Umwelt bereits so stark zerstört sei, dass der Umweltschutz hier wenig Sinn mache und dass es deshalb seine zentrale Aufgabe wäre, die letzten noch nicht genutzten Flächen vor jeder Nutzung zu schützen und möglichst viele andere Flächen wieder aus der Nutzung herauszunehmen, damit sich Natur hier wieder zur Wildnis entwickeln könne. Auch wenn es sinnvoll sein kann, auf ausgewählten, kleineren Flächen eine Wildnisentwicklung zuzulassen – mit einer starken Fokussierung auf das Thema Wildnis würde der Umweltschutz indirekt eine Intensivierung des Wirtschaftens fördern und einen Graben zwischen erster und zweiter Natur aufreißen; beides wäre letztlich für ihn selbst kontraproduktiv (Erlacher/Bätzing 2015).

Gesamtbewertung:  Das größte Umweltproblem besteht nicht in einzelnen katastrophalen Entwicklungen (auch nicht in der Klimaerwärmung), sondern darin, dass alle Umweltprobleme so direkt mit- und untereinander verflochten und so eng weltweit vernetzt sind, dass sie inzwischen einen katastrophalen Gesamtzusammenhang bilden, der das Weiterexistieren der Welt in ihrer heutigen Form in Frage stellt. Deshalb bräuchte es eigentlich ein Gesamtkonzept zur Lösung der Umweltprobleme, das nicht nur alle Bereiche der Welt, also Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft usw., sondern auch die gesamte Erde umfassen müsste. Allerdings ist an die Umsetzung eines solchen (langfristigen) Gesamtkonzepts derzeit nicht zu denken, weil die Vernunft der Aufklärung als allgemeines Gesetz oder als kategorischer Imperativ gegenüber den zahllosen partikularen und kurzfristigen Interessen, die unsere heutige Welt in Form von Sachzwängen in allen Teilen so stark dominieren, viel zu allgemein (abgehoben) und deshalb viel zu schwach ist.

Andererseits führen die unüberschaubar komplexen Vernetzungen in den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft in Verbindung mit den aktuellen Umweltproblemen zu einer sehr großen Fragilität unserer heutigen Welt, bei der kleine lokale Ursachen schnell weltweite Wirkungen nach sich ziehen können (Hanzig-Bätzing/Bätzing 2005, S. 97 f. und 412 ff.) – die Corona-Pandemie ist dafür ein anschauliches Beispiel. Es ist damit zu rechnen, dass in Zukunft auf Grund von Störungen durch Umwelt-, Sozial- oder Wirtschaftskrisen die derzeitigen Wirtschafts- und Lebensformen schnell zusammenbrechen. In einer solchen Krisensituation, in der die heutigen Sachzwänge plötzlich nicht mehr existieren, können leicht neue autoritäre Herrschaftsstrukturen entstehen, aber es könnten durchaus auch neue Wirtschafts- und Lebensformen aufgebaut werden, die von Verantwortung für die Umwelt und für die Menschen geprägt wären.

 

Literatur

Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben [1958]. München 2020.

Bätzing, Werner: Die Alpen. Naturbearbeitung und Umweltzerstörung. Frankfurt 1984.

Bätzing, Werner: Ökologische Stabilität und menschliche Arbeit – naturphilosophische Überlegungen zur Mensch-Natur-Beziehung aus geoökologischer Sicht. In: Hegel-Jahrbuch 1990, S. 455-460.

Bätzing, Werner: Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft. München 2015.

Bätzing, Werner: Das Landleben. Geschichte und Zukunft einer gefährdeten Lebensform. München 2020.

Bartels, Dietrich: Der Harmoniebegriff in der Geographie. In: Die Erde 100/1969, S. 124-137.

Böhme, Hartmut/Böhme, Gernot: Das Andere der Vernunft. Zur Entwicklung von Rationalitätsstrukturen am Beispiel Kants. Frankfurt 1983.

Dahl, Jürgen: Einrede gegen die Mobilität/Die Anfänge vom Ende des Automobils/Einrede gegen Plastic – Essays [1972/1974]. Berlin 2020a.

Dahl, Jürgen: Der unbegreifliche Garten und seine Verwüstung. Über Ökologie und über Ökologie hinaus [1984]. München 2020b.

Erlacher, Rudi/Bätzing, Werner: Grundlagen des Natur- und Alpenschutzes. Eine Kontroverse zwischen Rudi Erlacher und Werner Bätzing. In: Jb. des Vereins zum Schutz der Bergwelt 80 (2015), S. 175-196.

Grimm, Frank-Dieter/Wardenga, Ute: Zur Entwicklung des länderkundlichen Ansatzes. Leipzig 2001.

Hanzig-Bätzing, Evelyn/Bätzing, Werner: Entgrenzte Welten. Die Verdrängung des Menschen durch Globalisierung von Fortschritt und Freiheit. Zürich 2005.

Hardin, Garret: The Tragedy of the Commons. In: Science 162/1968, S. 1243-1248.

Heidegger, Martin: Die Frage nach der Technik. In: Vorträge und Aufsätze. Teil I. Pfullingen 1954, S. 5-36.

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Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft [1787]. Band III-IV der Werke in XII Bd., hg. von Wilhelm Weischedel. Frankfurt 1968.

Kant, Immanuel: Kritik der praktischen Vernunft [1788]. Band VII der Werke in XII Bd., hg. von Wilhelm Weischedel. Frankfurt 1968.

Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft [1793]. Band IX-X der Werke in XII Bd., hg. von Wilhelm Weischedel. Frankfurt 1968.

Koestler, Arthur: Der Mensch als Irrläufer der Evolution. Die Kluft zwischen unserem Denken und Handeln – eine Anatomie menschlicher Vernunft und Unvernunft. Bern/München 1978.

Maull, Otto: Geographie der Kulturlandschaft. Berlin/Leipzig 1932.

Paffen, Karlheinz (Hg.): Das Wesen der Landschaft. Darmstadt 1973.

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1Hannah Arendt und andere Denkerinnen und Denker greifen auf den Kant der ‚Kritik der Urteilskraft‘ und auf den späten Kant zurück, um Denkalternativen zur klassischen kantischen Position zu entwickeln; diese Ansätze sind für mich jedoch nicht überzeugend, weil sie der kantischen Perspektive immer noch zu stark verpflichtet sind und keine wirklichen Alternativen entwickeln. Außerdem haben diese Ansätze die öffentliche Kant-Rezeption in der Gegenwart bestenfalls am Rande geprägt.

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