Ausgabe 1, Band 8 – April 2016
Arendts Plato – unter besonderer Berücksichtigung ihres Denktagebuches
Harald Bluhm
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Was das Verhältnis von Arendt zu Plato betrifft, so scheint die Lage klar zu sein. Der antike Meisterdenker wird in einer apodiktischen Sentenz von ihr am Beginn des Essays „Tradition und die Neuzeit“ zum Vater der politischen Philosophie erhoben, die mit ihm und Aristoteles beginne und mit Marx ende, wobei das Spezifikum darin liege, dass in dieser Tradition die Politik nicht an einem eigenen Maßstab gemessen wird, sondern an dem der politischen Philosophie. Arendts Lesarten von Plato sind indes nur gelegentlich und kaum näher erkundet worden. Das mag daran liegen, dass sich die in der Literatur vorliegenden Einsichten nicht immer leicht finden lassen. Vor allem in Briefen erwähnt Arendt über Jahre hinweg immer wieder Plato. So schreibt sie an Karl Jaspers am 4. Oktober 1950: „Lese Plato: Politikos, Nomoi, Republik. Mein Griechisch kommt langsam wieder zum Vorschein.“ In einem anderen Schreiben an Jaspers vom 4. März 1951 heißt es über die „abendländische Tradition von Plato bis Nietzsche“, „dass diese abendländische Philosophie nie einen reinen Begriff des Politischen gehabt hat und auch nicht haben konnte, weil sie notgedrungen von dem Menschen sprach und die Tatsache der Pluralität nebenbei behandelte“. In einem Brief an Kurt Blumenfeld bemerkt sie am 6. August 1952: „Schlage mich gerade mit der Republik rum, lese also wieder Plato und griechisch.“ Sowie – und damit sei die Blütenlese abgeschlossen – diese Zeilen bezüglich eines Graduiertenseminars an der Columbia University, die Arendt Weihnachten 1960 an Mary McCarthy schreibt: „Wir treffen uns einmal die Woche, lesen zusammen Plato und sind mittlerweile wie alte Freunde.“ Die Verweise – es sind beileibe nicht alle – legen es nahe, zu vermuten, dass es da um mehr geht als eine einmalige Auseinandersetzung und dass Plato für sie wichtiger sein könnte als Aristoteles, mit dem Arendt zu häufig in Beziehung gebracht wird. Nicht selten wird sie fälschlicher Weise als Aristotelikerin verstanden oder gilt als Quelle des Neoaristotelismus.
Zur Stützung der Vermutung großer Relevanz von Plato sollen zunächst Arendts Lesarten dieses griechischen Klassikers mit einem werkgeschichtlichen Akzent überblickshaft eingeordnet werden (I.). In einem zweiten Schritt soll der Weg zu Arendts mit Plato und dem Höhlengleichnis, die sie 1953 forciert hat, näher dargestellt werden (II.). Abschließend gebe ich ein Resümee und versuche mit einem vergleichenden Blick die Ergebnisse festzuhalten (III.).
Bei diesem Vorgehen werde ich Arendts bisher in der Literatur kaum diskutierte Auseinandersetzung mit Plato im Denktagebuch erkunden. Es enthält Ausführungen, die zwischen 1950-1973 verfasst wurden. Die Eintragungen zu Plato erstrecken sich beinahe über den gesamten Zeitraum, sind allerdings von unterschiedlichem Umfang und divergierender Intensität. Den Schwerpunkt lege ich auf die frühen 1950er Jahre, auf die Kritik an der politischen Philosophie und auf das Höhlengleichnis, die in den wegweisenden Essay „Tradition and the Modern Age“ (zuerst amer. 1954) eingegangen sind. Das 2002 publizierte Denktagebuch hat, soweit ich sehe, bisher noch zu wenig Resonanz gefunden. Dabei bietet es die Chance, wie sich zeigen wird, Arendt bei der Ausarbeitung einiger Themen über die Schulter zu sehen, wobei Ideen und Einflüsse sichtbar werden, die bis dato verborgen geblieben sind. Deshalb greife ich relativ extensiv auf das Denktagebuch zurück und verweise nur bei dieser Quelle im Anschluss an die Zitate mit dem Kürzel DT auf die entsprechenden Seiten. Die recht große Textnähe meiner Argumentation und die vielen Belege erscheinen mir als unerlässlich, wenn man Akzentverschiebungen gegenüber verbreiteten Lesarten plausibilisieren möchte.
Insgesamt deute ich, soviel sei vorab gesagt, Arendts politische Theorie als erfahrungsbezogenes Konzept, das auf eine neue Sicht der Tradition abzielt; eine Tradition, die nur noch selektiv und variiert für die Gegenwart genutzt werden könne. Das Erfahrungsverständnis ist für Arendt von zentraler Bedeutung, sucht sie doch in Begriffe und Sprache eingebettete Erfahrungen zu bergen und mit gegenwärtigen Erfahrungen zu relationieren, um so zu einem Verständnis des Politischen zu kommen. Dabei werden soziale Erfahrungen von politischen, die an gemeinsames Handeln im öffentlichen Raum gebunden sind, deutlich unterschieden. Darüber hinaus spricht sie von philosophischer Erfahrung, der Erfahrung der Kontemplation, d.h. des Denkens im emphatischen Sinne, das nicht auf ein Resultat zielt, sondern unentwegtes Fragen ins Zentrum rückt, was eine Abwendung von der Welt und die üblichen Gegebenheiten einschließt. Dies ist eine höchst individuelle Erfahrung, die im Dialog mit sich selbst bzw. wenigen anderen gewonnen werden kann. Arendts Konzept des Politischen ist gegenwartsdiagnostisch und recht fern von einer „German homesickness for Greece“ oder Polisnostalgie (Dolf Sternberger), die ihr oft attestiert wird.
Meine im Folgenden präsentierte Lesart ist selbstverständlich nicht völlig neu, sondern stellt auf spezifische Weise darauf ab, dass Plato für Arendt wichtiger war als Aristoteles und dass ihre Plato-Kritik sowohl eine Kritik an diesem als auch eine Kritik an Heidegger ist. Zugleich erkenne ich darin ein methodisch informiertes Programm der Destruktion von Tradition, das den faktischen Traditionsbruch mit großem historischem Atem untersucht.
I. Arendt und Plato: werkgeschichtliche Einordnung
Arendt beginnt ihren akademischen Weg bekanntlich als Philosophin, wird durch die historischen Umwälzungen am Anfang des 20. Jahrhunderts und insbesondere durch den Totalitarismus zur politischen Theoretikerin und nimmt erst in ihrem späten Schriften wie Life of the Mind (1977)/Vom Leben des Geistes (1979) eine partielle Rückwendung zur Philosophie vor. Ihre Faszination für die Philosophie ist eng mit dem Schaffen von Martin Heidegger und Karl Jaspers verbunden. Mit Heidegger gegen Heidegger, und zwar unter Aufnahme von Motiven, die Jaspers mit seinem starken Akzent auf Kommunikation und Freiheit, mithin auf Öffentlichkeit gesetzt hat, setzt Arendt sich dann dezidiert mit der politischen Philosophie auseinander und wendet sich der politischen Theorie als adäquatem Medium der Reflexion von Politik zu. Dieser Denkweg ist schon häufiger beschrieben worden, er soll im Folgenden im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit Plato im Denktagebuch skizziert werden. Wenn ich Arendts Kritik an Plato als von Heidegger beeinflusst und zugleich als eine scharfe Kritik an ihm lese, so folge ich der Linie von Jacques Taminiaux und Dana Villa, die diese doppelte Stoßrichtung betonen. Arendts Zuwendung zur Politik geht mit einer starken Akzentuierung von Pluralität einher, die sie in ein expressives Konzept von Öffentlichkeit einfasst, das auf einem dramaturgischen Handlungsverständnis ruht; ein Verständnis nach dem sich die Menschen als politische Akteure in der Öffentlichkeit zeigen, enthüllen und formen. Ungeachtet der deutlichen Kritik an Heidegger gibt es, was das Verständnis der ‚Lehre‘ eines Autors, des Denkens und von Wahrheit betrifft, erhebliche Nähen zu ihm, die freilich zu anderen Konsequenzen geführt werden. Denn Arendt entfaltet eine Kritik der politischen Philosophie, zu der Heidegger nicht einmal vorgedrungen ist, da er das Verhältnis von Philosophie und Politik systematisch nicht durchdrungen hat.
Arendt dürfte mit Plato seit der Schule vertraut gewesen sein, aber erst Heideggers Plato-Deutung von 1924 (sie hört zuerst die Sophistes-Vorlesung bei ihm) bringt sie auf ein ganz neues Niveau. Die Spuren der Plato-Kritik seit Mitte der 1920er Jahre können hier nicht verfolgt werden. In ihren Texten taucht Plato erst im Buch über den Totalitarismus bzw. in den vorab veröffentlichten Aufsätzen, die in das Buch eingehen, auf. Allein – es hieße den Einfluss von Heidegger, nach Arendt der „heimliche König“ der Philosophie in den 1920er Jahren zu überschätzen, wenn man nicht berücksichtigt, dass ihre Lesart zudem durch Kierkegaard und die Plato-Kritik Nietzsches imprägniert ist. Aber wie wichtig Heidegger war, kann man am Aufsatz „Philosophie und Soziologie“ – einer Auseinandersetzung mit Karl Mannheims Ideologie und Utopie (1929) – erkennen. Dort fungiert Heidegger in methodischer Hinsicht als Wegweiser, denn Arendt bezieht sich explizit auf die in Sein und Zeit (1927) im § 6 entwickelte Konzeption der Destruktion von Tradition. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang ein Text, den ich für Arendts wichtigsten philosophiegeschichtlichen Essay halte, nämlich: „Tradition und die Neuzeit“. Dieser zu selten interpretierte Aufsatz erwuchs aus einer Vorlesung von 1953, die die totalitären Ursprünge in der politischen Philosophie zu bestimmen sucht. Das ist eine Aufgabe, der sich Arendt nach dem englischen Original des Buches über den Totalitarismus, The Origins of Totalitarianism (1951), und während der Erstellung der deutschen Neufassung, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1955), angenommen hat. Dafür hatte sie bekanntlich 1952 ein Stipendium der Guggenheim-Stiftung bekommen. Das Resultat, der glänzend komponierte Essay, der sorgsam zu lesen ist (was ich hier nur im Hinblick auf eine Frage tun kann), erwächst aus einer längeren Auseinandersetzung mit Plato, von der es einige Spuren im Denktagbuch gibt.
Wie wichtig die Plato-Heidegger-Thematik ist, kann man wiederum einem Brief von Arendt entnehmen. Sie schreibt bezüglich des Wunsches von Dolf Sternberger, sie möge Heideggers Brief über den Humanismus (1949) rezensieren: „Und es tut mir leid, dass Du erst mal eine Absage bekommst. Ich kenne die Heideggersche Schrift: die Interpretation des Höhlengleichnisses stammt übrigens aus den früheren Jahren, so um 1930 herum. Ich bin ehrlich gesagt der Meinung, dass das echte Philosophie ist – und zwar im Gegensatz zu den Dingen, Aufsätzen und Vorlesungen, die ich aus den dreißiger Jahren hier und da zu Gesicht bekommen habe.“ Weiter heißt es: „Dass er die Grundlagen des abendländischen Denkens in seinem Brief gegen den Humanismus antastet, schreckt mich auch nicht. Auf seine vornehm gelassene und maßhaltende Weise tut das Jaspers doch auch, wenn er den Rahmen der westlichen Kultur auf jeden Fall sprengen will. Wie man es dreht und wendet, das ist heute ein Gefängnis geworden, aus dem Heidegger gewalttätig ausbricht; was auf mich, wie Du siehst, seinen Eindruck nicht verfehlt hat. Aber selbst wenn das wieder ein Holzweg sein sollte, wenn es auch nur im mindesten echte Philosophie ist, hat Polemisieren gar keinen Sinn. Gegen Philosophie hilft nur Philosophie. Und ich habe keine auf Lager.“
Wenn man diese Aussagen ernst nimmt, muss man genauer hinsehen und auf einer anderen Ebene danach suchen, was die Beziehung von Heidegger und Arendt hinsichtlich der Plato-Deutung betrifft. Dabei sollen im Folgenden drei konzeptuelle Gesichtspunkte hervorgehoben werden: die Wahrheitsauffassung, die Konzeption des Denkens und der Begriff der Lehre. Diese Punkte stehen meist weniger im Zentrum interpretatorischer Aufmerksamkeit, weil – wie Seyla Benhabib gezeigt hat – der Weltbegriff und das „In-der-Welt-sein“ für Arendt der entscheidende Anstoß von Heidegger waren, den sie, anders als der Schwarzwald-Philosoph, in der Auffassung der Politik entfaltet hat. Während Heidegger das Sein zum Tode pointiert, ist es für Arendt die Mitwelt, die die Daseinsanalyse auszeichnet. Von dort kommt sie gleichermaßen zur Erfahrung der Weltlosigkeit als Quelle des Totalitarismus wie auch zur Öffentlichkeit als dem Medium der politischen Konstruktion von gemeinsamer Welt. Anhand der Einträge aus den frühen 1950er Jahren im Denktagebuch und dem Essay lassen sich in diesem Kontext die erwähnten drei konzeptuellen Gesichtspunkte, die Arendt und Heidegger verbinden, aufzeigen.
Die Auseinandersetzung mit Plato und mit methodischen Fragen der von ihm inaugurierten Tradition, deren Ende durch äußere historische Ereignisse manifest wird, aber auch durch die innerhalb der Tradition selbst angelegte Problematik, sind es, die Arendt zwischen 1950 und 1955 bei der Vollendung ihres Totalitarismuskonzeptes beschäftigen, die erst mit der deutschen Ausgabe vollbracht ist. Dem Aufsatz „Tradition und die Neuzeit“ kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu, die man erst anhand des Denktagebuches nachvollziehen kann. Hier wird nämlich das „Denken ohne Geländer“ methodisch zum Thema.
Im unvollendeten, bereits erwähnten und posthum erschienenen Vom Leben des Geistes (1979) sind Heidegger und Plato Anfang der 1970er Jahre wieder präsent, wobei Arendt thematisch über die Reflexionen im Denktagebuch hinausgeht. Hier sind Rückwendungstendenzen von ihr zur Philosophie zu konstatieren, die seinerzeit noch nicht vollzogen worden sind.
II. Arendt und ihre Plato-Lesarten
II.1 Auf dem Wege zum Essay „Tradition und die Neuzeit“
Der Essay wird mit Neulektüren von Plato in den Jahren 1950-53 vorbereitet, wobei Arendt nicht, wie man erwarten könnte, mit einer erneuten Lektüre der Politeia beginnt. Schon im Politikos entdeckt sie Platos Grundprobleme und liest ihn konzeptionell. In diesem Sinne heißt es leitmotivisch im schon zitierten Brief an Jaspers vom 4. März 1951 über die abendländische Philosophie, dass diese „nie einen reinen Begriff des Politischen gehabt hat und auch nicht haben konnte, weil sie notgedrungen von dem Menschen sprach und die Tatsache der Pluralität nebenbei behandelte.“ Trotz dieser kritischen Einstellung glättet Arendt Plato nicht, sondern hält seine Zwiespältigkeit im Denktagebuch fest, die sie im Hirtenmodell der Politik erkennt, wonach der Politiker als Hirte die Menge leitet und hütet. Auch Platos Kritik, dass Gesetze nie das Individuelle regeln, gilt ihr als trefflich, werde aber von Plato dahingehend überzogen, dass ihm Gesetze nur als Ersatz „für die absolut beherrschte Staatskunst“ (DT, 19) gelten. Hier sieht man, wie Arendt in praxi die Idee umsetzt, dass dort, wo große Denker unklar und widersprüchlich sind, die interessanten Probleme liegen.
Wie sehen nun die Ergebnisse der Lektüren im Denktagebuch aus? Im September/Oktober 1950 sind neben dem Dialog Politikos und den Briefen die Nomoi Gegenstand der Eintragungen. Bei den vielen Notaten von Arendt geht es darum, dass Gerechtigkeit mehr ist als bloße Gesetze, aber ausgestellt werden auch das Einheitsdenken und die antiplurale Tendenz bei Plato. 1951 sticht das vergewissernde Zwischenresümee heraus: „Die Welt- und Politikfremdheit [als] Basis aller politischen Philosophie.“ (DT 67). Zusätzlich werden Hegel, Marx, Heidegger und Nietzsche Thema. Darüber hinaus sind einige Bestätigungen in den Lektürenotaten anzutreffen und Formulierungen des republikanischen Credos: „Politik eine Sache von Experten, der der Bürger entraten kann. Darauf läuft die gesamte Tradition des politischen Denkens des Abendlandes hinaus, Marx inclusive!“ (DT 115). Pointiert wird zudem bereits: „Marx stellt Hegel auf den Kopf, und Nietzsche dreht den Platonismus um – so vollzieht sich das Ende der abendländischen Philosophie.“ (DT 131). – Zumindest am Rande sei vermerkt, dass Nietzsche hier als Endpunkt der Tradition gilt, was Arendt später nicht mehr so akzentuiert. Dennoch ist Nietzsche für sie, was das Freiheitsverständnis angeht, wohl auch ein wichtiger Autor und nicht nur die häufig genannten Autoren wie Montesquieu, Kant und die amerikanischen Revolutionäre wie Autoren der Federalist-Papers. So schreibt Heinrich Blücher an Arendt in einer selten beachteten Briefpasssage am 23. Mai 1952, deren Überzeugungen sie gewiss geteilt hat: „Der Schluß des Existenzkurses aber, […], der erste Entwurf absolut unabhängigen und freien Denkens des Menschen, da sind sie [die Studenten, H.B.] in Schrecken geraten. Wie glücklich war Nietzsche, dass er seine Zuhörer nicht zu sehen brauchte, dies scheint mir der eigentliche Lohn für die Mühen des Schreibenden zu sein. Ich habe ihnen [den Studenten] den freien Menschen vorgestellt […], und sie sind davor zurückgeschreckt wie vor dem Übermenschen und haben deutlich gezeigt, wie sehr sie lieber der letzte Mensch sein wollen als dieser freie Mensch.“ Der letzte Mensch ist bekanntlich jener Mensch, der einem Gleichnis in Friedrich Nietzsches Zarathustra zufolge die Welt nicht aneignet und erobert, sondern sich nur selbstzufrieden einfügt. Der Übermensch hingegen ist die Steigerung der menschlichen Möglichkeiten. Der freie Mensch, den Blücher wie Arendt weniger elitär als Nietzsche fassen, ist jener, der das Leben eigenverantwortlich wagt. Der in die Welt hinauszieht, Welt konstituiert, etwas unternimmt, sich ausprobiert, seine Grenzen kennenlernen möchte, da wie auch Karl Jaspers betont, in den Grenzsituationen, die Herausforderungen für die menschliche Existenz und das Philosophieren stecken.
Im Mai 1952 wird im Denktagebuch die Politeia Lektüregegenstand, wobei im August die Auseinandersetzung intensiviert wird. Zur berühmten Philosophen-Könige-Passage Platos hält Arendt fest: „Die Zentralstelle seiner politischen Philosophie gerade hat philosophisch keine Basis.“ (DT, 233). Während ihr dies einen Kommentar wert ist, scheint sie sich mit ihrer an Heidegger angelehnten Deutung des Höhengleichnisses, auf die ich noch eingehen werde, im Klaren zu sein, denn sie notiert zur ganzen Passage nur äußerst knapp: „die Technik der Herumwendung“ (DT, 235). Mit Blick auf das 10. Buch der Politeia wird allerdings noch die Fehlidentifikation von Wahrheit und Sein moniert, um dann die etwas kantianisch anmutende Konklusion zu ziehen, in welcher der hehre Anspruch von Plato fixiert wird, nämlich: „Herrsche über andere so, wie du über dich selbst herrschst. Herrschaft gründet auf Selbstbeherrschung. Der Stolz, die Überzeugung, dass es zur Würde des Menschen gehört, niemandem zu gehorchen ausser sich selbst.“ (DT, 241). Auch 1953 taucht Plato auf, aber nun wird der Bezug auf den Traditionsbruch immer stärker, dieser Bruch sei nach dem Zweiten Weltkrieg vollzogen, aber „als Bruch gar nicht mehr notiert“ worden (DT, 300). Später im Jahr werden noch Phaidon, Ideenlehre, aber auch die Dialoge Gorgias, Laches und Euthyphron Thema. Das sind die sichtbaren Spuren im Denktagebuch, die dem aus einem in der Vorlesungsreihe in Princeton 1953 gehaltenen Vortrag in der Reihe „Karl Marx and the Tradition of Western Political Thought“ entstandenen Essay „Tradition and the Modern Age“ vorausgehen, der im Januar/Februar Heft der Partisan Review 1954 zuerst erscheint und 1957 unter dem Titel „Tradition und die Neuzeit“ im Band Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart auf Deutsch publiziert wird.
II.2 „Tradition und die Neuzeit“ als Schlüsseltext
Wenn, wie ich behaupte, „Tradition und die Neuzeit“ als philosophiegeschichtlicher Essay zu begreifen ist, der eine substantielle Ergänzung zum Totalitarismus-Buch darstellt, dann bietet es sich an, den Argumentationsgang knapp zu rekapitulieren, um seine Reichweite und Radikalität aufzeigen. Der auf Deutsch wenig veränderte, zuerst 1957 erschienene Aufsatz „Tradition und die Neuzeit“ ist deutlich von Heideggers Konzepten inspiriert, aber er nimmt eine völlig andere Wendung des Gedankens vor. Freilich fiel lange nur dem sorgsamen Leser die heideggersche Imprägnierung auf, ist doch von den ‚Lehren‘ also dem, was nach Heidegger Denker unausgesprochen lassen, die Rede. Die Briefe und das Denktagebuch bieten jedoch neue Materialien, und die starke Verbundenheit mit einigen Motiven ist nun sehr deutlich. Näher mit der Arendtschen Lesart des Höhlengleichnisses haben sich wohl nur Miguel Abensour und Günter Magiera auseinandergesetzt. Allerdings gehen beide nur kursorisch auf den m.E. entscheidenden Aufsatz, nämlich „Tradition und die Neuzeit“ ein, den ich jetzt erörtern möchte. Auch in diesem Abschnitt greife ich mehrfach auf Notizen aus dem Denktagebuch zurück, aber nun, um Aussagen aus dem Essay über die Tradition zu explizieren.
Die erklärte Intention von Arendts Essay über die Tradition ist die Suche nach totalitären Wurzeln in der politischen Philosophie, wobei Marx den Bezugspunkt bildet. Von der These ausgehend, dass am Anfang und Ende von Traditionen erkennbar sei, was in ihnen steckt, wird von Arendt eine Tradition der politischen Philosophie beschrieben. Dabei rücken sachlich drei Rebellionen – die alle an Hegel anschließen – in den Mittelpunkt, nämlich Kierkegaard auf dem Gebiet der Religion, Marx auf dem Feld der politischen Philosophie und Nietzsche im Bereich der Metaphysik. Alle drei Rebellionen gelten Arendt als nicht radikal genug und würden den Rahmen, der der Tradition zugrunde liegt, nicht verlassen. Gewollt oder nicht, die Tradition wirke in ihnen weiter, besonders Marx, der sich primär als Rebell sehe, stecke tief in ihr. Ungeachtet dieser Kritik gelten die drei Rebellen als die ersten Philosophen, die ein „Denken ohne Geländer“ gewagt haben, weshalb nun, und zwar prinzipiell vom zeitgenössischen Ende der Tradition her, auf den Anfang geblickt werden könne und müsse. Dieser Anfang ist besonderer Art, denn er gibt einen Grundakkord vor, den Arendt in Plato und dessen Höhlengleichnis erkennt. Ausdrücklich bestimmt sie dieses Gleichnis als das Zentrum seiner ‚Lehre‘, wie sie mit Heidegger formuliert, und das ist prinzipiell gemeint. So hält Arendt im Denktagebuch außerordentlich treffend fest: „Ad Heideggers Interpretationen: Das Neue besteht in Folgendem: Heidegger nimmt nicht nur an (was andere vor ihm taten), dass jedes Werk ein ihm spezifisch Unausgesprochenes in sich trägt, sondern dass dies Unausgesprochene seinen eigentlichen Kern bildet […] Auf diesen Platz setzt sich Heidegger, also in die Mitte des Werkes, in der sein Autor gerade nicht ist, als sei dies der ausgesparte Raum für den Leser oder Hörer. Von hier aus rückverwandelt sich das Werk aus dem Resultathaft-tot-Gedruckten in eine lebendige Rede, auf die Widerrede möglich ist. Es ergibt sich ein Zwiegespräch, bei dem der Leser nicht mehr von aussen kommt, sondern mittendrin beteiligt ist.“ (DT 353f.). Plato wird genau in diesem Sinne von Arendt ebenfalls tiefenhermeneutisch aufgrund einer philosophischen Erfahrung und der Erzeugung eines philosophischen Konzeptes, in dem die Abwendung von der Welt der wirklichen Dinge leitend ist, beurteilt. Plato verallgemeinere jedoch nicht nur eine philosophische Erfahrung und wende sich von der Politik ab, messe sie an der Philosophie und stelle ihr den Himmel der Ideen gegenüber, vielmehr habe er bereits eine erste Umkehrung vollzogen. Er kehre nämlich, und das ist die Pointe von Arendt, die homerische Welt um. Aber nicht eine Rückkehr zur homerisch-kriegerischen Ethik à la Nietzsche ist es, was Arendt hier anzielt, sondern das Aufdecken einer praktischen, unverstellten Erfahrung des Politischen bei den Griechen vor Plato. Letzterer hat demnach nicht nur die Seinsfrage verstellt (Heidegger), sondern keinen Zugang zur politischen Philosophie gefunden oder paradox ausgedrückt, eine unpolitische-politische Philosophie geschaffen, deren Grundakkord nach Arendt bis zu Marx reichen wird.
Der groß angelegte Gedankengang ist mithin massiv von Motiven Heideggers beeinflusst, von dessen Interpretation des Höhlengleichnisses, der Idee der Destruktion der Geschichte der Philosophie, um zu ursprünglichen Einsichten und Erfahrungen zurückkehren zu können, sowie der Aufspaltung der griechischen Tradition. Aristoteles fällt ausdrücklich mit in dieses Programm der Destruktion einer Tradition. Scharf heißt es im Denktagebuch einmal, er ersetze Idee durch Telos und verbleibe damit im problematischen Rahmen, ungeachtet seiner treffenden Kritik an Plato, nach der dieser bekanntlich die Polis falscher Weise mit dem Oikos identifiziert. Genuin politische Erfahrungen sind erst – wie knapp umrissen – mit Rekurs auf Homer zu gewinnen. Arendt variiert die Motive jedoch nicht nur, sondern reiht auch Heidegger auf spezifische Weise in die Tradition „un“politischer Philosophie ein, da er sich nicht der Politik zuwendet und sie nicht an ihrem eigenen Maßstab zu messen vermag. Seine Kritik der Metaphysik, der Philosophie, bleibe somit unvollständig. Und es sei kein Wunder, dass er in politischen Dingen substantiell und auf dramatische Weise fehl geht. Der Philosoph im alten Sinne bestehe in Heidegger fort.
Innerhalb dieses Rahmens wird das Höhlengleichnis näher erörtert. In „Tradition und die Neuzeit“ heißt es: „Den Anfang setzte Plato im ‚Staat‘, genauer im Höhlengleichnis, das, weil es weder von Philosophie noch von Politik handelt, sondern von der Beziehung zwischen ihnen, den eigentlichen Kern von Platos politischer Philosophie darstellt.“ Dies ist zugleich eine Kritik an Heidegger, der diese Relation ebenfalls nicht angemessen thematisiert habe. Aber in der Wahrheitsauffassung und dem Konzept des Denkens folgt sie Heidegger gegen Plato. Das Schlüsselzitat zum Wahrheitsverständnis, das eng mit dem Konzept des Denkens verbunden ist, lautet: „Der Hauptirrtum ist zu glauben, daß Wahrheit ein Ergebnis ist, das sich am Ende eines Denkprozesses einstellt. Wahrheit ist, im Gegenteil, immer ergebnis-los. Das ist der Unterschied zwischen ‚Philosophie‘ und ‚Wissenschaft‘: Wissenschaft hat Ergebnisse, Philosophie nie. Das Denken beginnt, nachdem eine Wahrheitserfahrung eingeschlagen hat, sozusagen.“
Es ist genau diese Wahrheitskonzeption, die in die weitreichende These eingewoben wird, dass am Anfang und am Ende einer Tradition, also in der Krise, die Probleme, hier das Verhältnis von Philosophie und Politik, in ihrer Schärfe hervortreten. Demnach hat bei Plato eine Wahrheit, eine Erfahrung eingeschlagen: Der Tod des Sokrates und der Rückzug der Philosophie aus dem öffentlichen Raum führen zum zurückgezogenen philosophischen Denken. Erst nach dieser Rückzugsbewegung entwickelt Plato sein Konzept. Am Ende der Tradition steht die Erfahrung des Bruches der abendländischen Tradition, der im Ersten Weltkrieg seinen Anfang nimmt und in den Konzentrations- und Vernichtungslagern vollendet wird. Im Denktagebuch findet sich dafür eine weitere Explikation: „Nicht Kants Zweifel am Inhalt des Glaubens und nicht die platonische Verachtung der Praxis, [sondern] Kierkegaards Übertragung des Zweifels in den Glauben und Marx’ Übertragung des dialektischen Logos in die Praxis haben Glauben und Handeln unmöglich gemacht.“ Das kennt man von Arendt, aber die Pointe ist eine andere, es geht nämlich weiter: „Also die scheinbare Erhöhung der Politik und Religion haben sie den Kopf gekostet.“ (DT, 310). Diesen Gedanken herauszustreichen lohnt sich, weil Arendt nicht selten so gelesen wird als wenn sie vor allem der Politik einen besonders hohen Rang zuschreiben möchte. Das ist in gewisser Hinsicht richtig, es geht ihr ja darum, die Politik als solche richtig zu begreifen. Deshalb spricht sie auch lobend über Machiavelli, der versucht habe, die Politik in ihrer alten Würde wieder einzusetzen. Mit ‚alte Würde‘ ist hier die griechisch-römische Wertschätzung der Politik im Gegensatz zur mittelalterlichen Variante gemeint. Aber der Hinweis darauf, dass Politik nicht in falscher Weise überhöht werden dürfe, wie es bei Marx geschieht, ist wesentlich, erinnert er doch daran, dass Politik immer im Kontext der anderen praktischen und theoretischen Tätigkeitsformen verstanden werden sollte. Das Konzept läuft also mitnichten auf einen Politizismus, eine Zentralstellung und Überschätzung der Politik hinaus.
Mit Heidegger unterscheidet Arendt vier Stufen im Höhlengleichnis: Die Ausgangslage ist der Blick der Gefesselten nach vorne, wo sie die Schatten der hinter ihnen herumgetragenen Gegenstände sehen; die zweite Stufe beginnt mit der Entfesselung einzelner, die sich umwenden und hinter sich blicken können, also in das Feuer, vor dem die Gegenstände getragen werden; die dritte Stufe stellt auf den Gefangenen am Höhlenausgang ab, der von der Sonne geblendet ist und die „wirkliche Welt“ zunächst nur im Spiegel einer Pfütze wahrnehmen kann, bis er nach einer Gewöhnungszeit frei umherzuschauen vermag; die vierte Stufe betrifft die Rückwendung in die Höhle, den Abstieg in die Tiefe zu den Gefesselten. Diese Stufen heben weit mehr als jene Blickwendungen heraus, welche die wirkungsmächtige neuhumanistische Deutung von Werner Jäger in Paideia beschreibt. Aber in Jägers klassischer Studie gibt es einen wichtigen Hinweis, dort heißt es: „Aber wenige beachten den ersten Satz des siebten Buches, der das Höhlengleichnis einleitet, in dem Plato es ausdrücklich als ein Gleichnis der Paideia bezeichnet. […] Es sieht die Paideia nicht wie das Sonnengleichnis vom Unbedingten aus, sondern vom Menschen aus: als die Wandlung und Läuterung der Seele zur Schau des höchsten Wesens.“ Er erkennt das Wesen der philosophischen Erziehung als „Umdrehung oder Umkehrung der ‚ganzen Seele‘ zum Licht der Idee des Guten, dem Ursprung des Alls.“ Diese Umwendung ist zwar schon recht weit gefasst, aber bei Heidegger ist es eben nicht nur Seele, sondern das praktische „in-der-Welt-Verhalten in der Welt“, das sich jeweils bei jeder Wendung ändern muss.
Auch Arendt betont die Änderung praktischen Verhaltens im Aufsatz „Tradition und Neuzeit“, aber zum Teil im Denktagebuch noch dezidierter, jeder Veränderung der Lage entspreche zunächst eine Blendung (DT, 455). Nur die letzte Stufe sei ein mühsames Herabsteigen und Gewöhnung an die Dunkelheit. Jedoch über diese letzte Stufe hätte Plato kaum etwas in der Politeia gesagt, in andere Schriften fänden sich aber drei Argumente: der Zwang des Körpers, die Angst des Menschen von Schlechteren regiert zu werden und schließlich die Pflicht des Bürgers und auch des Philosophen, den Anderen mitzuteilen, was er weiß (DT, 497). Zudem verbindet Arendt die Ideen stark mit dem Höhlengleichnis und stellt nicht nur deren Maßstabscharakter für alles Wirkliche heraus. Insofern sieht auch sie den Schwenk von der Wahrheit zur Richtigkeit und der daraus folgenden Tyrannei des Wissens. Aber Arendt hält fest, dass das Höchste unaussprechlich ist, kein Bild hat, und weil es keine Bilder und vernünftigen Aussagen über die Ideen gibt, „erfand Plato den Ausweg der Ideen. Die Idee drückt das Unsagbare aus.“ (DT, 484). Hier wird erneut deutlich, wie wenig die Interpretin sich mit schlichten Einsichten begnügen kann, vielmehr müssen Komplexes und Kehrseiten stets erkundet werden.
Arendt – und das zeigt wiederum eine Nähe zu Heidegger, aber auch zu Nietzsche – spaltet die antike Tradition auf, es gilt nicht bei Plato und Aristoteles stehen zu bleiben, sondern weiter zurückzugreifen. In diesem Sinne pointiert sie, dass Plato selbst eine erste Umkehrung vorgenommen hat, nämlich die Umkehrung der sinnenfrohen, aktions- und erfahrungsreichen homerischen Welt, weil dessen Unterwelt bei Plato zur normalen Welt in der Höhle werde. Plato sei auf Homer neidisch (DT, 237). Mehr noch, Homer avanciert bei Arendt mit seinen Narrationen zum Schöpfer der athenischen Politik. Er eröffne einen agonalen-öffentlichen Raum, der gemeinsames Agieren, Versprechen und Verzeihen wie auch Identitätsbildung ermöglicht und mithin das Politische erst gestattet. Die Denkfigur der Umkehrung kommt bei Arendt nicht nur prominent bei der Auslegung des Höhlengleichnisses vor, sondern auch bei der Interpretation von großen Autoren wie Nietzsche und Marx. Bei der Kritik von Marxens Umstülpung/Umkehrung von Hegel landet die Theoretikerin der Natalität einen ihrer metaphorologischen Volltreffer, wenn sie pointiert, dass bei derartigen Umkehrungen die Mitte, also der Nabel, wenn man die Metapher konsequenterweise personal im Sinne des Marxschen‚ vom Kopf auf die Füße stellen‘ denkt, an der gleichen Stelle bleibe.
Arendts später in Vom Leben des Geistes erneut diskutierte Rückkehr des Philosophen, setzt einen anderen Akzent, denn sie betont, es gebe keine Beispiele für die Feindschaft der Vielen; eher das Lachen und Angst vor dem Lachen treibe Plato an, wollte er doch, und das spricht für seine Angst, im Idealstaat das Lachen verbieten. Wenn Arendt in dieser Frage nun nachlegt, so zielt sie mit ihrer Kritik an „einer natürlichen Feindschaft der vielen“ gegenüber der Philosophie auf Heidegger, aber auch, wenngleich implizit, auf Leo Strauss. Letzterer hat auf seine Weise Anregungen von Heidegger aufgenommen und naturalisiert die Feindschaft zwischen Philosoph und Stadt bzw. Menge. Darüber hinaus macht er dies zum Angelpunkt seiner Unterscheidung von esoterischem, nur für Philosophen verständlichem Schreiben, und exoterischem Schreiben, mit dem sich der Philosoph auf einer Oberflächenschicht durch rhetorische Selbstverharmlosung gegenüber der Menge schützt, gleichzeitig aber kodierte Signale auf andere Sinnebenen des Textes sendet.
Interessanterweise diskutiert Arendt zwar die Rückkehr des Philosophen in die Höhle (v.a. DT, 497f.) und spricht über verschiedene Aspekte dieser Stufe des Gleichnisses; regelrecht frappierend ist aber, dass das große Motiv dieses Gleichnisses, das auch in der nächtlichen Versammlung der Nomoi leitend ist, nämlich die Korruptionsresistenz – die nötig ist, um in der Politik unabhängig bestehen zu können – kaum Thema wird. Das ist in mehrfacher Hinsicht erstaunlich, denn Arendt vermag es ja sonst oft, die Kehrseiten von Prozessen und Thesen zu eruieren. Zudem ist Korruption in ihrem politischen Denken ja ein relevantes Thema. So hebt sie hervor, dass Machiavelli nahezu alle ihrer Formen untersucht habe. Aber möglicherweise ist hier die republikanische Perspektive hinderlich, sind es doch moralisch-politische Tugenden, die bei Plato die Korruptibilität verhindern sollen. Mit Machiavelli stellt Arendt nämlich auf eine scharfe Differenzierung moralischer und politischer Tugenden ab. Gerade mit Blick auf Plato und seine Reisen nach Syrakus und die in die Plato-Kritik eingeschriebene Distanzierung von Heidegger, wird deutlich, dass Arendt von der Korruptionsresistenz der Philosophen durch Politik und Herrschaft wenig hält. Vielmehr bildet gerade die notwendige Ergänzung der Philosophie durch ein bewusstes Verhältnis zur Politik, zur Pluralität und Öffentlichkeit ihr Credo. Beim antiken Meisterdenker wird demzufolge ein Rangunterschied in den Teilen seiner Philosophie konstatiert: Plato erreicht bei der Politik nie die Tiefe wie sonst (DT, 15f.). Auch Gründe, die keinen Eingang in den Essay über die problematische philosophische Tradition kenntlich machen, werden markiert, wenn Arendt bei der Nomoi-Lektüre pointiert: „Die Tyrannei der Erkenntnis: Dies der zweite Grund der Vorliebe für den Tyrannen. Es ist nicht die Herrschaft der Philosophen, sondern der Wissenschaft – des Recht-haben-Wollens.“ (DT, 31). In diesem Kontext werde Platos Motiv, der Furcht, von Schlechteren regiert zu werden, wirksam; es sei der Grund der ihn wie Philosophen überhaupt zur Politik ziehe. Eine solche Auffassung gehe automatisch mit wenig Institutionenvertrauen einher (DT, 207).
Zur problematischen Tradition der politischen Philosophie zählt auch Aristoteles, wie ich noch einmal herausstellen möchte, ohne dem en detail nachgehen zu können. Das Ziel der Arendtschen ‚Destruktion‘ der Tradition ist die Bestimmung bzw. Wiedergewinnung eines angemessenen Verständnisses des Politischen. Hier findet sich wiederum eine Schlüsselpassage, ein Eintrag vom Juli 1955 im Denktagebuch, der hohen explikativen Wert hat. Arendt bestimmt das Politische dort in mehreren Gegensätzen, die ich wegen ihrer Dichte und der griechischen Einschübe paraphrasierend wiedergebe, um die Komplexität nicht zu reduzieren. Erstens als das Öffentliche im Gegensatz zum Privaten (Polis vs. Haus) aber auch als Polyarchie vs. Monarchie, als Meinung gegenüber der Idee, als Gesehen- und Gehörtwerden im Gegensatz zu Mit-Sich-Selbst-Sein; zweitens als Pluralität im Gegensatz zur Singularität sowie Zusammenleben/Zusammenhandeln und Miteinanderreden gegenüber dem Einen, nämlich reiner Anschauung und purem Wahrnehmen; drittens als vita activa im Gegensatz zur vita contemplativa und schließlich viertens als das Gesellschaftliche im Gegensatz zum Intimen, als Sicherung des Lebens des „Geschlechts“ im Gegensatz zum Leben des Einzelnen, als Gemeinschaft vs Individuum. (Vgl. DT, 535f.). Das ist ein weites Bestimmungsset von vier Gegensatzpaaren, welches Arendt weder ausformuliert noch in der definitiven Fassung von Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, die 1955 erscheint, ausbuchstabiert hat. Hier aber zeigt sich deutlich, wo sie mit ihrem politischen Denken hin will, wie weit sie von Plato und Heidegger entfernt ist. Vor allem wird das Gravitationszentrum, um welches die Auseinandersetzung mit Plato und Heidegger kreist, die Totalitarismuskritik und das damit verbundene pluralistisch-republikanische Gegenmodell deutlich.
Das methodische Konzept von Arendt stammt, wenn man die Texte in der Folge des Erscheinens inklusive des Denktagebuches zur Kenntnis nimmt, mithin viel mehr aus dem 1954er Aufsatz „Tradition und die Neuzeit“. Die Benjaminschen Überlegungen, die in dem Band Zwischen Vergangenheit und Zukunft enthalten sind, bilden eigentlich eine zweite, die Heideggerschen Konzepte, überlagernde Schicht, die von den Lesern dieser Ausgaben als solche kaum wahrgenommen wird. Festgehalten werden muss, dass der Text „The Gap Between Past and Future“ von 1961 (dt. 1994) die Essaysammlung von Between Past and Future eröffnet. Die spätere leichte Überzeichnung der Heideggerschen Einflüsse durch Benjaminsche Überlegungen, die Arendt vorgenommen hat, geht gewiss auf die vertiefte Benjamin-Auseinandersetzung zurück, die Arendt im Kontext der 1960er Jahren im Zusammenhang mit der Herausgabe und Einleitung der Illuminations (New York 1968) vorgenommen hat.
II. 3 Spätere Plato-Lektüren
Auch nach 1953 bleibt Plato Gegenstand kritischer Reflexion, und zwar sowohl im Denktagebuch, als auch in den Schriften. 1954 schreibt Arendt an Heidegger auf dessen Frage, woran sie arbeitet, sogar, dass sie seit drei Jahren drei Sachen bearbeite, wobei nach der Erwähnung einer von Montesquieu inspirierten Analyse der Staatsformen und einer Analyse der verschiedenen praktischen Tätigkeiten geschrieben steht: „3. Vom Höhlengleichnis (und Deiner Interpretation ausgehend) eine Darstellung des traditionellen Verhältnisses von Philosophie und Politik, eigentlich die Stellung von Plato und Aristoteles zur Polis als die Grundlage aller politischen Theorie.“ Manche andere der späten Bemerkungen im Denktagebuch sind nur en lisant, andere wiederum vergewissernde Bestätigungen, aber es gibt auch bemerkenswerte Vertiefungen von Gedanken. In meiner Sicht kreisen sie um das Verständnis des Denkens, so wird immer wieder das bohrende Denken, der „Vorrang des Fragens“ bei Sokrates betont (DT, 693). Selbst nach der Publikation von Vita activa (amer. 1958), gehen die Reflexionen zum Denken weiter. Im Denktagebuch findet sich die schöne Formulierung: „Das Sokratische: je mehr ich Gerechtigkeit denke, je weniger weiss ich, was es ist und je gerechter werde ich.“ (DT, 735) Wenig später heißt es im gleichen Notat „der Gedanke wirkt, wenn er gedacht wird“ (DT, 735). Immer wieder begegnet die Akzentuierung, dass das Denken ein ergebnisloser, andauernder Prozess sei (z.B. DT, 749), wobei in diesem Zusammenhang ab und an Heidegger aufgerufen wird. Eine letzte Notiz zum platonischen Höhlengleichnis findet sich Anfang 1958. Dort heißt es: „Das philosophierende Denken lässt weder sich noch die Anderen zur Ruhe kommen. Daraus entsteht die Gefahr für den Philosophen. Im Höhlengleichnis ist es umgekehrt: Die Vielen lassen den Philosophen nicht in Ruhe. Die Initiative hat gewechselt. Der Philosoph braucht Ruhe, bei Sokrates umgekehrt: Er hat nicht einmal die [schole] Muße für die öffentlichen Angelegenheiten.“ (DT, 586f.). Das existentielle-politische Denken von Arendt favorisiert – wie man hier leicht erkennen kann – Sokrates gegenüber Plato, setzt auf die Öffentlichkeit und Einmischung im Gegensatz zur akademischen Abgeschiedenheit. Jedoch ist dies keine generelle Bestimmung des Denkens, denn das philosophische Denken bedarf der Einsamkeit, Zurückgezogenheit, des Dialogs mit sich. Die vita contemplativa bildet, wie Arendt nicht müde wird in Vita activa zu behaupten, keinen angemessenen Maßstab für die Politik, sie verfehlt sie systematisch und führt zu politischer Philosophie im von ihr vehement kritisierten Sinn. Daher kann Arendt 1968 noch einmal pointieren: „Bei Heidegger, Vom Wesen der Wahrheit: ‚Das Wesen der Wahrheit ist die Freiheit.‘ Abgelesen an Platos Höhlengleichnis, wo der Mensch aus der Höhle, von den Fesseln befreit, ins Freie kommt. Aber das macht nicht die Wahrheit frei, sondern umgekehrt, die Befreiung ermöglicht Wahrheit“ (DT, 675) – wobei Wahrheit hier im oben skizzierten existentiellen Sinn gemeint ist. Die unvollendeten Monographie Vom Leben des Geistes rückt Plato dann auf andere Weise ins Zentrum, denn darin geht es nicht um die Politik, die Schrift beginnt mit Motti von Plato (aus dem Politikos) und Heidegger (aus Was heißt Denken), aber deren Relevanz ist ein eigenständiges Thema.
III. Resümee & Ausblicke
Das Denktagebuch kann also, wie seine Herausgeberinnen Ursula Ludz und Ingeborg Nordmann vermutet haben, zu neuen Lesarten verhelfen. Es ist ein Schlüssel, um die Entstehung des wegweisenden Essays „Tradition und die Neuzeit“ und die Ausformung der Konzeption eines politischen „Denkens ohne Geländer“ nach dem Bruch der Tradition Anfang der 1950er Jahre zu erklären. Dass dabei die kritische Auseinandersetzung mit Plato und Heidegger eine wesentliche Rolle gespielt hat, hoffe ich, gezeigt zu haben. Den Konzepten der Lehre, des Denkens und der Wahrheitsauffassung kommen dabei wesentliche Funktionen zu. Arendt nimmt sie von Heidegger auf, kehrt sie gegen ihn und führt sie zu Konsequenzen bei einer Neubestimmung des Politischen, die im Denktagebuch inklusive einiger Gegenbegriffe sogar weiter angelegt wurden, als sie in ihren publizierten Schriften ausgeführt sind. Zugleich ist der emphatische Begriff des ergebnislosen Denkens, das existentielle Wahrheit auszubuchstabieren sucht, die Basis für die große Distanz von Arendt zu den eher analytischen, an überprüfbaren Ergebnissen orientierten Sozialwissenschaften.
Leitend für die gesamte zeitgenössische Auseinandersetzung mit Plato ist die kritische Durchdringung des Totalitarismus, die Arendt Mitte der 1950er Jahren zu einem vorläufigen Abschluss bringt. Plato spielt dabei als Vater, oder besser als Urgroßvater, einer problematischen Tradition eine zentrale Rolle, die nicht von sich aus zum Totalitarismus führt. Zugleich ist er neben vielen Anregungen eine Quelle für Arendts in Vita activa entfaltete Unterscheidung von archein und prattein, was gesondert untersucht werden müsste. Die endgültige Gestalt des Totalitarismus-Buches, die deutsche Fassung von 1955, deren Veränderungen dann in die amerikanische Erstausgabe von 1951 eingearbeitet werden, ist demnach nicht nur philosophiegeschichtlich und methodisch in erheblicher Weise auf eine Auseinandersetzung mit Plato und auch Heidegger zurückzuführen. Darüber hinaus zeigen die Notate im Denktagebuch, dass Arendt ihre Umarbeitung nur vornehmen konnte, weil sie eine andere Auffassung des Politischen, eine Differenzierung von Tätigkeiten im Ansatz entwickelt hatte, die erst in späteren Schriften ausformuliert werden.
Wenn man den Blick auf Arendts Auseinandersetzung mit Plato nicht nur über die 1950er Jahre hinaus weitet, sondern auch Ko-Texte einbezieht, dann zählt zu den bemerkenswerten Ergebnissen meiner Betrachtungen, dass die Protagonistin eines dramaturgischen Modells politischen Handelns, das auf die Enthüllung von Personen im öffentlichen Raum, auf das kreativ-kollektive Beginnen von Neuem abstellt, auftretende Theoretikerin sich nicht für den dramatischen Charakter der Dialoge von Plato interessiert. Sie liest die Texte in einem politischen Gesamtrahmen, klopft sie auf eine implizite Lehre ab, sucht in Begriffe eingekapselte Erfahrungen und nimmt die Thesen häufiger auch für sich genommen ernst. Die Inszenierung selbst bleibt außen vor, also das, was beispielsweise Leo Strauss herausstreicht: die Veränderung des dramaturgischen Settings in der Politeia, nämlich dadurch, dass der alte Kephalos verschwindet (erst dann kann die Rücksicht gegenüber dem Alter fallen gelassen werden); die Relevanz der Diskussion über das Weintrinken in den Nomoi, die eine Radikalisierung der Thesen vorbereitet, da so das politische Gebot der Mäßigung suspendiert wird; die Kommentierung von Text durch Handlungen, die uns helfen, Ironie zu verstehen. Hier hat Arendt einen anderen Weg eingeschlagen. Mit ihrer Konzentration auf Plato steht sie freilich nicht allein, Plato war nahezu eine Manie deutscher Theoretiker in der Weimarer Zeit. Schon deshalb lagen die kritische Auseinandersetzung und Relektüren, wie sie dann einsetzten, nahe. An ihr haben sich, um nur ein paar Namen zu nennen, Autoren wie Werner Jäger, Hans Kelsen, Leo Strauss, Karl-Raimund Popper, Eric Voegelin und viele andere beteiligt.
Fraglos gräbt Arendt in ihrer diesseits und jenseits von Totalitarismuskritik liegenden Auseinandersetzung mit Plato tiefer als andere Autoren wie etwa Popper. Gerade weil es ihr um die Destruktion einer dauerhaften und problematischen Tradition geht, stehen weder Fehler noch falsche Methoden oder gar lineare Wege von Plato zu Hitler im Zentrum der Kritik. „Tradition und die Neuzeit“ ist vielmehr ein konzeptiver Aufsatz, der Arendts Totalitarismuskritik auf philosophiegeschichtlichem Gebiet vermittels ‚Destruktion einer Tradition‘ abrundet und den Weg zum „Denken ohne Geländer“ methodisch reflektiert beschreitet. Dass dies auf einer intensiven Relektüre von Plato ruht, bei der dessen Politeia und das Höhlengleichnis im Zentrum stehen und darin eine unausgesprochene ‚Lehre‘ erkannt wird, muss herausgehoben werden. Wiewohl sich Arendt in ihrer Deutung von Plato vielfach Heideggerscher Einsichten bedient, zielt sie zugleich auf eine Kritik an Heidegger, der auf seltsame Weise in Fallen der von Arendt inkriminierten (unpolitischen) politischen Philosophie, tappt, ohne politische Themen ernsthaft zu erörtern, sondern seine Philosophie occasionell politisch ausmünzend. Von der politischen Blindheit und dem unpolitischen Kern seiner Philosophie ist in der späten Heidegger Würdigung von Arendt allerdings viel weniger zu erkennen als in ihrem Denktagebuch und ihrer scharfen Kritik an der politischen Philosophie.
Werkgeschichtlich kann ein Ergebnis meiner Überlegungen wie folgt pointiert werden: Wiewohl Between Past and Future (1961, erw. 1968) nicht ins Deutsche übersetzt wurde und der Band erst später von Ursula Ludz in erweiterter Form als Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen in politischen Denken I (1994) erschienen ist, bildet der 1957er Band Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart, sachlich und methodisch den Nukleus des späteren amerikanischen Buches, das in methodischer Hinsicht durch die Einleitung „The Gap Between Past and Future“ ergänzt wurde. Es lohnt sich jedoch, auf den methodischen Ansatz von „Tradition und die Neuzeit“ zurückzugehen, weil er die wesentlichen Impulse enthält, die in der späteren Einleitung erweitert und mit Benjaminschen Überlegungen ergänzt wurden. Arendts Band zum politische Denken ist in Deutschland überhaupt spät aus dem Schlagschatten der Monographien (Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft, Vita activa und Über die Revolution) getreten; die glänzende Essaysammlung verdient viel mehr Aufmerksamkeit als ihr bisher geschenkt wurde, zumal die Essays hierzulande schon wegen des Genres gerne zu leicht genommen werden.
Insgesamt gesehen hat sich die gern etwas leichthändig zur Aristotelikerin erklärte Arendt wohl viel mehr mit Plato auseinandergesetzt, wenngleich sie im eingangs zitierten Satz bekanntlich Aristoteles neben seinem philosophischen Lehrer als Begründer der von ihr kritisierten politischen Philosophie namhaft macht. Ein Grund für diese Vorliebe könnte in Platos radikalem Problemdenken liegen, das Arendts „Denken ohne Geländer“ und existentieller Wahrheitsauffassung näher steht als der stets vermittelnde Systematiker aus Stageira.
Ebd., 127.
Ebd., 154.
In der amerikanischen Erstausgabe von The Origins of Totalitarianism (New York 1951) gibt es nur einen Verweis auf Plato, dort S. 9, in der deutschen Ausgabe (1955) hier nach derjenigen von 1991 zitiert, ist der auf S. 34 zu finden. Die anderen Verweise in der deutschen Ausgabe finden sich zum einen auf Seite 466 zu Plato und die Grenzen des Machbaren (Gott und nicht der Mensch muss das Maß sein – das berühmte Zitat aus den Nomoi St. 716c) und zum anderen Seite 527 - dort bringt Arendt das erste Mal die Differenz von archein-prattein aus dem Politikos von Plato ein und kritisiert, dass damit nur das Geben und Vollziehen von Befehlen gemeint ist.
Arendt bezieht sich auf Heidegger, Martin: Vom Wesen der Wahrheit. Zu Platons Höhlengleichnis und Theätet, Frankfurt a.M. 1943.
Hier bei einer zweiten Lektüre der Politeia werden erst die vier Stufen des Höhlengleichnisses, auf die ich im nächsten Abschnitt zu sprechen komme, erörtert vgl. DT, 454-456.
Arendt, Hannah: „Tradition und die Neuzeit“. In: Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart. Vier Essays, Frankfurt am Main, 1957, 9-45, der Text geht dann in den Band Zwischen Vergangenheit und Zukunft (amer. O 1961, erw. 1968, dt. hg. Ursula Ludz 1994 (Übungen im politischen Denken I) ein (vgl. ebenda 23-53), der die bekannte Einleitung „Die Lücke zwischen Vergangenheit und Zukunft“ enthält (ebenda, 7-19).
Ich diskutiere nicht, inwieweit die Darstellung der Rebellionen hermeneutisch besonders angemessene Interpretationen sind, sondern zeige nur, wie Arendt ihre These anlegt.
Vgl. Arendt, Hannah: “Tradition und die Neuzeit”. In: Zwischen Vergangenheit und Zukunft, Übungen im politischen Denken I. Hg. v. Ursula Ludz München 1994, 33.
Vgl Arendt, Hannah: „Tradition und die Neuzeit“, S. 46-49 sowie Magiera, Günter: Die Wiedergewinnung des Politischen. Hannah Arendts Auseinandersetzung mit Platon und Heidegger, Frankfurt a.M. 2007, 75-84 und wiederum DT, 454.
Jäger, Werner: Paideia [1933], Berlin 21989, 894.
Ebd., 895.
Magiera S. 61
Darüber wird Arendt noch mehrfach nachsinnen (v.a. in den aus dem Nachlass herausgegebenen Vorlesungen Was ist Politik? Hg. von Ursula Ludz, München 1993).
Vgl. Strauss, Leo: What is Political Philosophy? [1959], Westport Conn. 1973, 31f.
Arendt, Hannah: „Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt“ [1969]. In: dies.: Menschen in finsteren Zeiten. Hg. v. Ursula Ludz München/Zürich 1989, 172-184.